KOMMENTAR: Flüchtlinge aufnehmen!
■ taz und Grüne/AL rufen zu »Aktion Fluchtweg« auf
Es ist doch wirklich nicht zu fassen. Nach monatelanger Kritik an dem unmenschlichen Visumzwang für Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet von Ex-Jugoslawien gewährt die Bundesregierung, Vertreterin des reichsten Landes von Europa, die gnädige Aufnahme von 5.000 Bosniaken. 5.000 von insgesamt zwei Millionen, die vor Bomben, Tod und Hunger fliehen. 110 sollen gemäß der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Quotenregelung in Berlin unterkommen. Hundertundzehn von zwei Millionen. Weil Berlin übervölkert ist? Weil die Hauptstadt wegen der Olympiade an die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit geraten ist? Weil wir alle des Hungers sterben?
Warum zum Teufel dringt der Senat nicht in Bonn offensiv darauf, daß im gesamten Bundesgebiet und in Berlin mehr Flüchtlinge aufgenommen werden? Die Argumentation der SPD-geführten Sozialbehörde, man wolle keine höhere Quote, um nicht durch Umverteilungen unter den Bundesländern den Druck auf die Bundesregierung zu mindern, klingt verdächtig nach Ausrede. Berlin ist nun mal in einer besseren Position als andere Länder, da es in den Jahren 1989 bis 1991 einen großen Zustrom von Über- und Aussiedlern verkraften mußte und seit dieser Zeit große Aufnahmekapazitäten hat. Eine genaue Zahl ist jedoch nicht zu erfahren. Den Grünen ließ die Sozialbehörde mitteilen, sie dürfe die Anzahl der freien Plätze leider nicht nennen. Weil der Anspruch, ein humanitärer Sozialstaat zu sein, daran Schaden nehmen könnte?
Er hat es schon. Nun liegt es jedoch an den BerlinerInnen, zu zeigen, daß sie besser sind als der sie angeblich vertretende Senat. Mit der »Aktion Fluchtweg« sammeln die taz, die Grünen und die »Initiative zur Unterstützung der Friedensbewegung im ehemaligen Jugoslawien« Adressen von Menschen, die Flüchtlinge aufnehmen würden. Das Beste nach Lektüre dieses Kommentars wäre es, Sie würden zum Telefon greifen und mitmachen. Ute Scheub
Näheres siehe Seite 2 überregional
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