piwik no script img

Hertie-Quarree: Baubeginn in Sicht

■ Überbauung des jüdischen Friedhofs in Ottensen soll in vier Wochen beginnen/Wohnhaus macht den Anfang/Pläne werden noch überarbeitet/50 statt 80 Wohnungen?/Bindung an den Spruch des Oberrabbiners...

soll in vier Wochen beginnen / Wohnhaus macht den Anfang / Pläne werden noch überarbeitet / 50 statt 80 Wohnungen? / Bindung an den Spruch des Oberrabbiners wird überwacht

Die Wiederaufnahme der Bauarbeiten auf dem Gelände des ehemaligen jüdischen Friedhofs in Ottensen steht unmittelbar bevor. Investor Büll und Liedtke, Oberbaudirektor Egbert Kossak und Altonas Bezirksamtsleiter Hans-Peter Strenge gehen davon aus, daß mit dem Bau des am Rande des Geländes geplanten Wohnhauses bereits in vier Wochen begonnen wird. Als möglichen Baubeginn für das Quarree-Einkaufszentrum nannte Kossak gestern den November.

Bei der derzeit laufenden Überarbeitung der Baupläne werden nach Angaben Kossaks alle Auflagen des Jerusalemer Oberrabbiners Itzchak Kulitz berücksichtigt. Nach dessen zweiten Gutachten zur Friedhofsüberbauung können Einkaufszentrum und Wohnhaus auf einem sogenannten Säulenfundament errichtet werden. Die dafür notwendigen Ausschachtungsarbeiten dürfen nur an Stellen ausgeführt werden, an denen keine Gräber vermutet werden. Die Bauarbeiten sollen von einem Beauftragten Kulitz' überwacht werden.

„Um eine Ausführung der Bestimmungen zu garantieren und jegliche Abweichungen von unseren Anweisungen zu verhindern“, so heißt es außerdem in dem von Kulitz unterzeichneten Gutachten, „muß die Firma Büll und Liedtke eine gerichtlich bindende klare Verpflichtung eingehen. (...) Eine Mißachtung der Regeln kann einen Entzug der Baugenehmigung zur Folge haben.“ Dieser Forderung zu einer rechtliche Verpflichtung will Büll und Liedtke durch einen entsprechenden Nachtrag in der Baugenehmigung entsprechen.

Folge der Bindung an die Weisungen des ultra-orthodoxen Juden wird sein, daß eine Tiefgarage nicht gebaut werden kann, statt dessen ein überirdisches Parkdeck entstehen soll. Dadurch werden auf dem Gelände weniger Wohnungen als geplant gebaut werden können. Von den ursprünglich vorgesehenen 80 Wohnungen (elf in dem Wohnhaus, 69 integriert ins Einkaufszentrum) werden nach Einschätzung Kossaks etwa 50 übrig bleiben. Der Rest wird vom Parkdeck aus den Bauplänen verdrängt.

Büll-und-Liedtke-Sprecher Peter Voss wollte die Zahl von etwa 50 Wohnungen bisher noch nicht bestätigen. Es sei noch zu früh, „darüber zu reflektieren“. Für Kossak und Altonas Bezirkschef Strenge ist eine Zahl von 40 bis 50 Wohnungen das mindeste, um der vom Bebauungsplan geforderten „Mischbebauung“ gerecht zu werden. Mit weniger, so Strenge und Kossak, werde man nicht kommen können.

Zweifel, daß das Projekt noch scheitern könnte, haben aber weder die Behördenvertreter noch Büll und Liedtke. „Ich vermute, daß das jetzt schnell in Gang kommt“, sagt Strenge und trifft damit wohl die Stimmung aller an der Neuplanung Beteiligten.

Und auch die jüdische Gemeinde Hamburgs, deren Vertreter nach wie vor für eine Umbettung der Gräber plädieren, wird sich der Entwicklung wohl beugen. Eine Entscheidung habe man zwar noch nicht getroffen, sagt Vorstandsmitglied Michael Heimann, „aber es wird wohl so laufen.“ Uli Exner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen