: Der Käse und die Langsamkeit
■ Das Schweizer KabarettistInnen-Quartett aus Las Vegas im Modernes
Willi, Lilo, Ursli und Toni Pfister, Kabarett-Geschwister
“Für die Amerikaner, it is not so important, what you say, Hauptsache, es klingt“. Die Dame im hellgrünen Baby Doll mit dem Pelzimitat-Besatz macht aus ihrer Herkunft kein Geheimnis. Aus Las Vegas sei sie mit ihren drei Brüdern gekommen, aber eigentlich ist Zermatt in der Schweiz ihre Heimat. Dort seien sie geboren.
Wofür das wichtig ist? Das Programm des Show-Quartetts Geschwister Pfister basiert halt darauf, mit dem Käse-und Matterhorn-Hintergrund der Vier zu kokettieren. Das Modernste war trotz des schwülen Wetters am Dienstag gut gefüllt, und das Publikum wartete geduldig die drei
hier die
vier hübschen jungen
MenschInnen
ßigminütige Verspätung ab. Die hellgrüne Dame mit der Turmfrisur, Marke „Fromme Helene“, hielt sogleich einen Schweizer Käse in die Luft. Lilo sei ihr Name, und ihre Brüder hießen Willi, Ursli und Toni. Sie seien gekommen, uns mit „Melodien für's Gemüt“ zu erfreuen. Und wie es sich für rechtschaffende SchweizerInnen gehört, machten sie ihre Drohung auch gleich wahr. Ein Potpourri wohlarrangierter Schubi-Du-Ahh-Couplets prasselte hernach von der Bühne. Von den 40ern bis in die 70er Jahre reichte dabei ihr Repertoire, immer unterstützt von einer Choreographie, wie wir sie aus alten Revue-Filmen kennen.
Der Großteil der ZuhörerInnen amüsierte sich prächtig. Jeder Song wurde tosend beklatscht, ein Brüller jagte den anderen. Das war beim Amerikanisch-Schweizerischen Käse-Joke „Cheesus Christ“ nicht anders als beim Witzchen mit der Adresse ihres Fanclubs. Der soll angeblich in der Berliner Kantstraße liegen. „Wie bitte, Cunt-Street?“, fragt einer der drei Glitzer-Jacket-Brüder. (Cunt ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die Vagina). Der Jokus kam an, so mancher Schenkel wurde geklopft.
Das Sangesvermögen der vier Ami-Eidgenossen ist beachtlich, ohne Frage hat jede von ihnen eine veritable Stimmausbildung hinter sich. Quer durch die Welt des Show-Biz trällerten, falsettierten und schmetterten sich die Geschwister von Song zu Song. Manchmal schienen sie direkt einer Seifenwerbung der 50er Jahre entsprungen zu sein, dann wieder machten sie auf Almhütten-Folklore. Und damit das Song-Bombardement niemanden im Saal überforderte, streuten sie, typisch schweizerisch, besinnliche Pausen ein. Da wurde dann angestrengt ins Publikum gestarrt, der Stammbaum des Quartetts erörtert oder gar dem Ursprung des Namens von Bing Crosby nachgegangen. Gegen Ende des zweistündigen Programms, so zwischen „Mr.Sadman“ und „Buona Sera“ fiel mir ein Telephongespräch mit einer WG in Bern wieder ein. „Hall-lo, hierrr ist der Will-li“, meldete sich jemand. Da waren schon fünf Einheiten durchgelaufen. Slow J.F.
Weitere Vorstellung: heute abend, 20.30 Uhr
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