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Bestrahlte Eier können jetzt enttarnt werden

■ Belgische Firma mit neuen Nachweismethoden überführt/ Kritik an Lebensmittelbestrahlung

Berlin (taz) — Bei frischen Lebensmitteln, die partout nicht faulen wollen, ist es zu vermuten — nachzuweisen war es bislang nicht: die Teile sind bestrahlt worden. Die Lebensmitteluntersuchungsämter Oldenburg und Nordhessen sind der Firma DION auf die Schliche gekommen. Eine Probe ihres Produktes „Vollei“ war durch eine extrem niedrige Anzahl von Keimen aufgefallen und wurde an das Bundesgesundheitsamt geschickt. Dort konnte eindeutig nachgewiesen werden, daß das Flüssigei-Produkt bestrahlt worden ist. Der Vertrieb bestrahlter Lebensmittel ist in Deutschland gesetzlich verboten. Das Bundesgesundheitsblatt 7/92 berichtet: „Damit sind erstmals bestrahlte Produkte auf dem deutschen Markt nachgewiesen worden.“

Lebensmittelbestrahler verwenden üblicherweise das radioaktive Element Cobalt 60. Dessen harte elektromagnetische Gamma-Strahlung ionisiert die Keimzellen und zerstört sie damit. Die Strahlen hinterlassen jedoch Spuren in fetthaltigen Nahrungsmitteln, wie zum Beispiel Eiprodukten. Durch kombinierte Verfahren der Gaschromatographie und Massenspektrometrie konnte die Bestrahlung des Eis nachgewiesen werden. In unbestrahlten Lebensmitteln existieren sie nicht.

„Ein Dogma wurde gekippt“, schreibt Klaus Werner Bögl im Bundesgesundheitsblatt. „Die angebliche Unmöglichkeit, bestrahlte Lebensmittel sicher als solche zu identifizieren. Dieses Dogma wurde noch Anfang der 80er Jahre von fast allen maßgebenden Fachleuten auf dem Gebiet der Lebensmittelbestrahlung vertreten.“ Mit neuen, leicht bedienbaren Nachweisgeräten soll sich die Strahlenspurensuche bei den wichtigsten Lebensmitteln auch als praktikabel erweisen. „Seit Anfang des Jahres befinden sich die neuen Methoden im Test, der voraussichtlich im Herbst abgeschlossen sein wird, rechtzeitig vor dem EG-Binnenmarkt ab 1993“, so ein Mitarbeiter des Bundesgesundheitsamtes, „Ein Verbot der Bestrahlung von Lebensmitteln, das in Deutschland besteht, ist EG-weit unrealistisch. Bestrahlte Lebensmittel werden bei uns auf den Markt kommen. Dann sind möglichst einfach handhabbare Nachweisverfahren wichtig.“

Susanne Bauer-Jautz von der Verbraucherinitiative e.V. nennt die Argumente gegen Lebensmittelbestrahlung: „Verbraucher werden getäuscht. Bestrahlung ist zunächst einmal eine Art Lebensmittelkosmetik. Die Hüllen von Obst und Gemüse sehen makellos aus, wertvolle Inhaltsstoffe werden zerstört.“ Die Frage, ob durch die radioaktive Bestrahlung auch krebsauslösende Substanzen gebildet werden, ist noch völlig ungeklärt. Lothar Langer

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