piwik no script img

39 NVA-Kriegsschiffe für Indonesien

Bonn: „Indonesien ist kein Krisengebiet“/ Gesellschaft für bedrohte Völker kritisiert Verteidigungsministerium/ Indonesisches Militär unterdrückt Unabhängigkeitsbestreben Ost-Timors  ■ Von Jutta Lietsch

Bonn/Berlin (taz) — Die Bundesrepublik verkauft 39 Schiffe der ehemaligen DDR-Volksmarine an Indonesien. Da es sich bei Indonesien nicht um ein Krisengebiet handele, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums gestern in Bonn, habe der Bundessicherheitsrat, der bei Rüstungsexporten eingeschaltet wird, den Verkauf genehmigt. Auch der Verteidigungsausschuß des Bundestages sei bereits Ende Mai informiert worden.

Bei den Schiffen handelt es sich um 14 Landungs- und neun Minensuchboote sowie um 16 größere Schnellboote der „Kondor-Klasse“. Sie gehören zur Flotte von rund 60 NVA-Kampfschiffen, die im Hafen von Peenemünde vor Anker liegt.

Jetzt werde noch über die Modalitäten des Verkaufs verhandelt und darüber, was mit der Bewaffnung der Kampfeinheiten geschehen soll.

Als „unverzeihlichen Fehler deutscher Politik“ kritisierte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Entscheidung des Verteidigungsministeriums. Es sei unfaßbar, daß der Bundessicherheitsrat dem Verkauf mit der Begründung zugestimmt habe, Indonesien sei kein Krisengebiet.

Ost-Timor war nach Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft von Indonesien am 7.Dezember 1975 völkerrechtswidrig besetzt worden. Bis heute hat die UNO die Annektion nicht anerkannt, was das indonesische Militär aber nicht hindert, jede Forderung nach Unabhängigkeit in Ost-Timor mit unnachgiebiger Härte zu unterdrücken. Im vergangenen November verübte das Militär ein Massaker an friedlichen DemonstrantInnen. Dabei waren nach offiziellen Angaben 50 Menschen getötet worden. Nach Informationen von Menschenrechtsorganisationen gab es fast 100 Opfer. Insgesamt seien seit 1975 in Ost-Timor mindestens 200.000 TimoresInnen ums Leben gekommen, das ist etwa ein Drittel der Bevölkerung. Auch in dem Westteil der Insel Papua-Neuguinea, das die Indonesier ebenfalls für sich beanspruchen und Irian Jaya nennen, seien etwa 100.000 Menschen bei Massakern, in Konzentrationslagern und durch Zwangsumsiedlungen zu Tode gekommen. Ganze Dorfgemeinschaften seien systematisch ausgehungert und Tausende standrechtlich erschossen oder zu Tode gefoltert worden, erklärte der Vorsitzende der GfbV, Tilman Zülch.

„In fast jedem Krieg, in dem ganze Volksgruppen in der Dritten Welt vernichtet wurden, waren auch Waffen aus der ehemaligen DDR oder der Bundesrepublik im Einsatz. Deutschland unterstützte den Aufbau von Rüstungsfabriken oder leistete militärische Ausbildungshilfe. Wenn sich die Bundesrepublik Deutschland für eine Beteiligung an UN-Friedensmissionen entscheidet, muß sie endlich alle Waffenlieferungen in Länder der Dritten Welt und permanente Krisengebiete, wie die Türkei, einstellen“, fordert Zülch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen