Wendehalsen und harte Vorspiele

■ Olympische Spiele in Barcelona: Norddeutsche Segelcrews lechzen nach Edelmetall/Die Chancen von Wolfgang Hunger (Kiel), Jochen Schümann (Harislee) & Roland Gäbler (Bremen)

BARCELONAREISENDE

Wendehalsen und harte Vorspiele Olympische Spiele in Barcelona: Norddeutsche Segelcrews lechzen nach Edelmetall/Die Chancen von Wolfgang Hunger (Kiel), Jochen Schümann (Harislee) & Roland Gäbler (Bremen)

In kaum einer anderen Sportart fahren die Norddeutschen so siegesgewiß zu den olympischen Spielen nach Barcelona wie im Segeln. „Im Segeln ist alles möglich“, hat auch Dierk Thomsen, Präsidumsmitglied des Deutschen Seglerverbandes erkannt. Auch Goldmedaillen für die Segelcrews von Wolfgang Hunger aus Kiel, Jochen Schümann aus Harrislee und Roland Gäbler aus Bremen.

Fest eingeplant ist der Olympiasieg schon jetzt bei Jochen Schümann. Der aus Berlin umgesiedelte Diplomökonom, (eine der Umschreibungen von Berufssportlern in der DDR) dem die Wendehalse in das neue System 150-prozentig gelang, gilt laut Aussage der Fachwelt „als Medaillenbank“. Schon 1976 in Montreal und 1988 in Seoul durfte er die höchste Stufe des Siegertreppchen ersteigen. Doch jetzt, kurz vor den olympischen Spielen in Barcelona sind ihm und seinen Vorschotern, den Berlinern Bern Jäckel und Thomas Flach Konkurrenz erwachsen. Denn: Der US- Amerikaner Kevin Mahaney, Erbe der Holiday-Inn-Hotelkette hat einen Teil der ererbten Millionen in eine Profiseglercrew investiert. Und Matchrace, der Kampf Boot gegen Boot spielt in diesem Jahr in Barcelona eine besondere Rolle: Die Medaillen werden erstmals in diesem Verfahren bei Olympia vergeben. Schümann dominiert die Weltrangliste zwar weiterhin im Fleetrace, das Matchrace ist aber noch immer nicht seine Spezialität. Zuletzt bei der Kieler Woche wurde er von Mahaney geschlagen.

Heiß vor Begierde auf eine Medaille ist auch der Kieler Orthopäde Wolfgang Hunger im Zweimann-Boot 470er. Schon zweimal schrammte der promovierte Mediziner mit seinem inzwischen verstorbenen Bruder Joachim bei olympischen Spielen haarscharf an Edelmetall vorbei — mit einem neuen Mann im Vorschiff, dem Berliner Rolf Schmidt will er es jetzt wissen. Wie ernst Hunger es

meint, zeigte er bei der letzen Olympia-Qualifikation: Mit einem unsauberen Trick kickte er seine einzigen ernsthaften Konkurrenten um die Fahrkarte nach Barcelona, das Schweriner Duo Rensch/Haverland, aus dem Rennen.

Der dritte Kandidat für olympisches Edelmetall in Sachen Segeln im Norden ist Roland Gäbler. Der Tornado-Segler und sein Kieler

Vorschoter Frank Parlow konnten ihre Wettkampf-Qualitäten in der Qualifikation bis aufs äußerste testen: Mit den Kieler Brüdern Oliver und Rene Schwall waren die Weltranglisten-Ersten dort ihre Konkurrenten. Mit diesem Vorspiel der härteren Art sind auch Gäbler/ Parlow in die Favoritenrolle gedrängt. Gäbler hat schon Olympia- Erfahrungen gesammelt: Vor vier

Jahren spielten die Nerven nicht mit — Gäbler patzte. Diesmal soll es besser laufen, dafür steht auch Bundestrainer Peter Bedei gerade. Er hatte das Kreise-drehen bei seinem Amtsantritt abgeschafft und setzt stattdessen Becker-gleich auf die mentale Betreuung. Was es gebracht hat, wissen wir am Ende der olympischen Spiele.

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