Liberale bespitzeln sich gegenseitig

■ Detektei sollte nach »dunklen Punkten« suchen/ Ex-Parlamentarier Rösch bekennt sich zu Ausforschungsantrag, Abgeordneter Hahn spricht von Unterstellung/ Parteibasis reagiert verärgert

Berlin. Mit scharfer Kritik hat die FDP-Landes- und Fraktionsvorsitzende Carola von Braun auf Meldungen reagiert, wonach zwei führende FDP-Mitglieder eine Detektei mit der Bespitzelung von Parteifreunden beauftragt haben. Die Fraktionschefin bedauerte, daß »durch derartige Verfehlungen einzelner Parteimitglieder« die Arbeit der gesamten Berliner FDP entwertet werde, obwohl weder die Partei noch die Fraktion mit dem Anlaß der Auseinandersetzung etwas zu tun hätten.

Der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Klaus Rösch und der FDP-Geschäftsführer Axel Hahn sollen nach einem Bericht der Berliner Morgenpost im September 1991 eine Detektei mit der Bespitzelung von zwei Parteifreunden beauftragt haben. Ziel des Ausspähungsauftrags waren offensichtlich der FDP- Abgeordnete Mleczkowski und das Vorstandsmitglied der Partei in Mitte, Hermann Rintel.

Als Hintergrund für die Querelen wurden in dem Bericht Flügelkämpfe in der Partei und ein »interner Machtkampf der Liberalen um ihren umstrittenen Verein ‘Pro Polis‚« ausgemacht. Der Verein erstellte für Gemeinden in den neuen Bundesländern Gutachten für behutsame Kommunalentwicklung und war mit dem Projekt eines Technologieparkes auf der Insel Usedom in die Schlagzeilen gekommen. Die Gemeinde hatte 30.000 Mark für ein Gutachten gezahlt, das Projekt vom »High-Tech- Park« scheiterte jedoch. Vorstandsmitglied von »Pro Polis« war früher Klaus Rösch, Geschäftsführer Axel Hahn.

Rintel hatte nach dem Vorfall eine Klärung der Verquickung von »Pro Polis« und den Berliner Liberalen gefordert. Gegenüber der Morgenpost führte er seine Bespitzelung auf seine Kritik an dem Verein zurück. Mleczkowski bezeichnete die bisher einmalige Beschattungsaktion innerhalb der eigenen Partei als »Skandal von ungeheurem Ausmaß« und kündigte eine Sondersitzung der Fraktion an.

Ob es in nächster Zeit zu einer parteiinternen Klärung der Vorwürfe kommt, ist jedoch fraglich. Carola von Braun kündigte gestern an, der Landes- und der Fraktionsvorstand wollten einer rechtlichen Klärung der Auseinandersetzung nicht vorgreifen, da sich eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten abzeichne. Der FDP-Abgeordnete Hahn teilte gestern über die FDP-Pressestelle mit, er habe der Morgenpost eine Gegendarstellung übermittelt. Die Vorwürfe, wonach er einen Auftrag zur Bespitzelung von Parteifreunden veranlaßt oder weitergeleitet habe, seien falsch. Als »sehr bedauerlichen Akt, der dazu führt, daß die Parteiverdrossenheit wieder wächst«, bezeichnete gestern FDP-Sprecher Olaf Irmscher die Affäre um den Ausforschungsauftrag, für den es keinen parteipolitischen Hintergrund gebe. Irmscher ging davon aus, daß der Partei durch die Affäre Schaden entsteht: »Vor Ort in den Bezirken kriegen wir große Schwierigkeiten«, sagte er. Erst vor wenigen Wochen hatten vor allem Parteimitglieder im Osten verärgert auf eine parteiinterne Auseinandersetzung um die Bezüge der Fraktionschefin von reagiert. mon/ADN