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Ronald Reagan ist nicht würdig

■ Ehrenbürgerschaft für Ex-US-Präsidenten hat im Abgeordnetenhaus keine Mehrheit

Berlin. Der Senat hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, Ronald Reagan und Michael Gorbatschow die Ehrenbürgerwürde der Stadt Berlin zu verleihen. Diesem Vorhaben muß nun das Abgeordnetenhaus zustimmen, ein entsprechendes Schreiben ging dieser Tage der Präsidentin Hanna-Renate Laurien zu. Doch bei den Parlamentariern stößt die Nominierung des amerikanischen Präsidenten auf nachhaltigen Widerspruch.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Ditmar Staffelt, sieht keinen Sinn in der Verleihung der Ehrenbürgerwürde, da er nicht wüßte, „was Reagan Herausragendes getan hat“. Wenn man ihn ehre, dann könnte man genausogut jeden anderen amerikanischen Präsidenten ehren. Hingegen habe Gorbatschows Politik den Fall der Mauer ermöglicht. Eine Würdigung des russischen Präsidenten war von der SPD bereits vor Monaten vorgeschlagen worden, jedoch auf Vorbehalte bei der CDU gestoßen.

Auch die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Grüne, Renate Künast, denkt bei der Frage, wer sich um Berlin verdient gemacht hat, vorrangig an „Leute aus dem Osten“, an Gorbatschow oder den ungarischen Außenminister Horn. Ablehnung gegen Reagan herrscht auch bei der PDS vor, denn der habe, nach Einschätzung des Abgeordneten Harald Wolf, mit seiner Aufrüstungspolitik soziales Elend geschaffen.

Sollten die drei Fraktionen bei ihrem Votum bleiben, wäre eine Ehrung Reagans nicht möglich. Denn über die Ehrenbürgerschaft entscheiden Senat und Abgeordnetenhaus im Einvernehmen. Dabei muß eine Mehrheit der Parlamentarier dem Vorschlag zustimmen.

Mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde steht und fällt Diepgens Vorhaben, die beiden Ex-Präsidenten für die Berliner Olympiabewerbung einzuspannen. Diese Idee, die er vor gut einer Woche in Barcelona geäußert hatte, stößt im Abgeordnetenhaus ebenfalls auf Kritik. Künast sieht darin den Versuch, durch die Ehrenbürgerwürde die Stimmen der beiden für Olympia zu kaufen. Dies sei eine Olympiaidee, „die nach hinten losgeht“. dr

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