piwik no script img

Der Aufguß und die Teemeisterin

■ Im Ueda-Teehaus in Hannover: Kurse in japanischer Tee-Kultur

„Konnichiwa“, sagt Hiroe Mikami auf Japanisch: „Guten Tag.“ Und beginnt gleich mit der Lektion: „Wenn der Gastgeber Teedose, Teelöffel und Teegefäß reinigt, so reinigt er gleichzeitig sein Herz und seinen Geist.“ Hiroe Mikami aus Hiroshima führt seit zwei Jahren die Niedersachsen in die Geheimnisse japanischer Teekultur ein — ein in ganz Norddeutschland einzigartiger Kursus.

Seit 1989 gibt es in Hannover ein original japanisches Teehaus im Stil der Ueda-Richtung, eine der ungezählten japanischen Tee- Schulen des ostasiatischen Inselreiches. Das japanische Teehaus in Hannover ist ein Geschenk der Partnerstadt Hiroshima. 24 SchülerInnen aus Hannover und Umgebung nehmen hier bei Hiroe Mikami täglich Unterricht.

Die 25jährige hat in ihrer Heimat drei Jahre lang bei einem Teemeister der Ueda-Schule diese hohe Kunst erlernt. Jeans und Kimono sind ihr gleichermaßen vertraut: Für Hiroe Mikami gibt es keinen Widerspruch zwischen Tradition und Modernität. Sie ist als Teemeisterin Mittelpunkt einer kleinen, aber immer größer werdenden Gemeinde von deutschen Japan-Begeisterten.

Sie hocken auf den Knien zu dritt im Halbkreis um die Teemeisterin, haben die Schuhe und den Alltagsstreß vor der Tür des Häuschens gelassen. Alles hat einen tiefen Sinn: Jeder Schritt der Meisterin, jede Handbewegung. Das immer wieder wechselnde Schriftzeichen in der heiligen Nische, der Tokonoma, bedeutet heute: „Du kannst jedes Hindernis überwinden.“ Der Tee aus dem Kessel über dem wertvollen Furo, dem Holzkohleofen, ist grün und heiß und schmeckt wie Spinat. Nach dem ersten Schluck wird den Gästen der Zeremonie klar, daß Tee in Japan früher eine Medizin war und nicht nur ein simples Getränk.

Die Reinigung der Utensilien ist eine Handlung von hoher Symbolkraft. Doch auch die Gäste einer japanischen Teezeremonie fügen sich den jahrhundertealten Riten: Bevor sie das Teehaus betreten, gehen sie einen Gartenpfad entlang, reinigen ihre Hände und spülen den Mund an einem niedrigen Wasserbecken aus Stein, um sich selbst vom „Staub des Alltags“ zu säubern. Durch die Übung von Harmonie, Hochachtung und Reinheit werden sie auf die völlige Ruhe und Stille vorbereitet, die Sinn und Zweck der Zeremonie ist.

Bis zu drei Stunden kann das Beisammensein dauern. Dann verlassen die Teilnehmer das Häuschen anders als die gekommen waren: An Körper und Geist gereinigt, ruhig und entspannt. Die 24 Tee-Philosophen aus Hannover wissen ein wenig mehr über die japanische Kultur, die trotz vieler Städtepartnerschaften wie Hannover - Hiroshima den meisten Deutschen immer noch fremd geblieben ist.

Schon im 12. Jahrhundert brachten Zen-Mönche den Tee ins Land der Aufgehenden Sonne, das Getränk stimulierte sie bei ihren Studien und der Meditation. Bald gab es die ersten Teemeister, die den Chado entwickelten, eine Ästhetik rund um den Tee. Der Chado hat die japanische Kultur tief beeinflußt, er versteht sich als lebensumfassende Philosophie der Harmonie und Geduld. Andre Uzulis (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen