: „Aktion Fluchtweg“ BürgerInnen- initiative gefragt
In der taz vom 22. Juli 92 (Tag der sogenannten Bundestagsdebatte) wurde per Anzeige unser Friedensappell zum Balkankrieg veröffentlicht, aber auch die taz-Initiative „Aktion Fluchtweg gestartet.
Schockierend nun in der taz vom 25. Juli der Bericht über die offiziellen Stellen mit der „Aktion Fluchtweg“ („Behörden weisen Hilfe für Flüchtlinge zurück“).
Leider kann man von einer Regierung nichts anderes erwarten, wenn sie einerseits beginnt, „Kanonenbootpolitik“ zu betreiben, und andererseits angesichts Hunderttausender Kriegsflüchtlinge mit einer Kontingentierung auf 5.000 Menschen humanitäre Hilfe lediglich mimt. Bürgerfern, wie diese Politiker sind, merken sie nicht einmal, wie groß die Hilfsbereitschaft vieler Bundesbürger ist, Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien aufzunehmen.
Bei der „Kanonenbootpolitik“ wird auf die „internationale Verantwortung“ hingewiesen. Bei den Flüchtlingen muß das gegenteilige Argument herhalten: die anderen Nationen wie z.B. Frankreich, Großbritannien oder Spanien täten zu wenig. (Letzteres mag ja stimmen, aber entbindet dies uns Deutsche von unserer internationalen Verantwortung?)
Aufgrund meiner Erfahrungen mit humanitärer Hilfe im Balkankrieg kann ich nur feststellen, daß das einzige, was hilft, BürgerInneninitiative ist, die verbunden werden muß mit Druck auf die Politiker. Sie müssen — und sei es nur, weil sie auf Wiederwahl spekulieren — mit der Not der Kriegsflüchtlinge und zugleich einer großen Hilfsbereitschaft vieler Deutscher konfrontiert werden. Ihnen müssen während ihres Urlaubs, der soviel kostet, daß man vielleicht hundert Menschenleben retten könnte, die Ohren klingen. Und wenn ihr Gewissen nicht ganz auf die eigene Geldbörse und das Bankkonto geschrumpft ist, dann muß es zum Rebellieren gebracht werden.
Wie dem auch sei, ich kann zum einen bei allen mir vorstellbaren Schwierigkeiten nur ermutigen, die „Aktion Fluchtweg“ gegen alle behördlichen Behinderungen weiter voranzutreiben. Zugleich schlage ich vor, daß wir in der gegewärtigen Situation die Arbeitsteilung aufrechterhalten, auch wenn sie etwas zufällig entstanden ist.
Die Hilfe für Kriegsflüchtlinge könnte überall dort, wo die „Aktion Fluchtweg“ nicht helfen kann, weiterhin von dem Bund für Soziale Verteidigung (Friedensplatz 1a, 4950 Minden, Telefon 0571/29456) koordiniert werden.
Bei der Hilfe für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer, aber auch umgekehrt für die Vermittlung an Friedensleute, die Deserteure aufnehmen wollen, hat sich die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner bisher besonders hervorgetan, und zwar, soweit mit bekannt ist, außer der Zentrale (Schwanenstr. 16, 5620 Velbert, Telefon 02051/4217) der sehr aktive Landesverband Hessen (Vogelsbergstr. 17, 6000 Frankfurt, Telefon 069/431440).
Für die Unterstützung der Antikriegsarbeit im ehemaligen Jugoslawien und für die humanitäre und medizinische Hilfe von Kriegsflüchtlingen wollen wir vom Komitee für Grundrechte und Demokratie alles tun, was in unserer Macht steht. Dabei geht es vor allem um Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina, die sich in Kroatien und Slowenien aufhalten, um kroatische Flüchtlinge, die aus Kriegsgebieten kommen und in nicht umkämpften Gebieten in Lagern in Kroatien und Slowenien leben, und um serbische Kriegsflüchtlinge (das sind inzwischen etwa 500.000), die vorher in Bosnien- Herzegowina lebten und nun in Serbien ein Flüchtlingsdasein fristen.
Aus Organisations- und Kostengründen beschränkt sich diese humanitäre Hilfe auf unverzichtbare, qualitativ hochwertige Mittel, bei denen die Transportkosten minimiert sind. Wir bitten erneut um — „steuerbegünstigte“ (bitte genaue Adresse angeben) — Spenden auf das Sonderkonto „Verständigung statt Krieg — Humanitäre Hilfe für Flüchtlinge“, Volksbank Odenwald eG, 6124 Beerfelden, Konto 8024618, BLZ 50863513 (siehe auch Anzeige in der taz vom 22. Juli, Seite 7). Klaus Vack, Komitee
für Grundrechte und
Demokratie e.V.,
6121 Sensbachtal
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