: Wenn Senatoren Bagger fahren
■ Kultursenatorin Christina Weiss schritt zum Abriß des ehemaligen Kunsthauses
des ehemaligen Kunsthauses
Holz zersplitterte, Metallträger knickten weg wie welker Schnittlauch und das Klirren von berstendem Glas zerschnitt die nervöse Stille. Doch nicht Godzilla war es, der sich in der brütenden Mittagshitze aufgemacht hatte, großes Unheil zu säen und persönliche Genugtuung zu ernten. Es war Hamburgs Kultursenatorin Christina Weiss, die gestern um 14 Uhr mit dem Bagger so lange gegen den Eingang des ehemaligen Kunstverein- Pavillons am Ferdinandstor fahren durfte, bis dieser in Trümmern lag.
Das Ganze ging sehr schnell. Ein Schlückchen Sekt auf das Gelingen und dann erklomm die Senatorin im weißen Schutzanzug aus Papier und gemeinsam mit einem richtigen Baggerführer vor versammelter Presse das Baggerführerhäuschen und ließ die mächtige Schaufel aus Stahl ein halbes Dutzend mal herunterkrachen. „Es war ein tolles Gefühl“, sagte Christina Weiss, als sie strahlend wieder herabkletterte, „aber auch schwerer, als ich dachte.“ Und es sei ein „feierliches Gefühl“, daß jetzt der Erweiterungsbau der Kunsthalle beginne.
Denn der Senatorin kleiner symbolischer Schritt für den Abbruch des ehemaligen Kunsthauses und Sitz des Kunstvereins ist zugleich ein großer Schritt für den umstrittenen Neubau nach den Plänen des Architekten Oswald Mathias Ungers. Zehntausende Kubikmeter Baumaterial stehen jetzt allerdings noch zum Abriß bereit, bevor in 14 Metern Tiefe die Betongrundlage
1für den Ungers-Bau gegossen werden kann. Die drei Stockwerke des Ex-Kunsthauses müssen gar, erklärt Sprinkenhof-Chef Karl-Heinz Ehlers, „in Handarbeit abgetragen werden“ - wegen der darunter liegende Tiefgarage.
Wie in einem ungemalten Bildnis stand gestern Anrainer Uwe M.
1Schneede an der Baustelle und blickte versonnen auf das Gebäude in dem er selbst lange Jahre als Chef des Kunstvereins arbeitete, bevor er die Leitung der Kunsthalle übernahm. Dies Haus sei eben „Teil seiner Biographie“, auch „Ort geistiger Auseinandersetzung“
gewesen. „Und daß so etwas jetzt
1zerstört wird, das bewegt mich doch“, offenbarte Schneede. Aber da ist auch die Aussicht auf eine Kunsthalle, die doppelt so groß ist wie jetzt. 1994 soll Richtfest sein, die Eröffnung des Neubaus ist für 1996 geplant. Es sei denn, Godzilla kommt doch noch. Mechthild Bausch
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