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Ampel rot für Seifenkisten

■ Bürgermeister Jäger will Formel-Holz-Rennen am Breitenweg verhindern

„Seifenkistenrennen auf der Hochstraße Breitenweg — das darf doch wohl nicht wahr sein. Ortsamtsleiter Hucky Heck und Beirat spielen Blinde Kuh; City wird zum Kinderspielplatz. Heute Blinde Kuh, morgen Seifenkistenrennen und anschließend Dornröschenschlaf an langen Samstagen im Weihnachtsgeschäft, das ist eine Vision von angeblich Verantwortlichen in der ehemals weltoffenen Handels- und Hansestadt.“ Man spürt es förmlich: Als Karstadt-Chef Hans-Hinrich Blumenberg als Vorsitzender der Bremen-Werbung e.V. gestern an dieser Pressemitteilung bastelte, muß er zahllose Pfeile neben sich liegen gehabt haben, die er in regelmäßigen Abständen auf ein Hucky Heck-Poster donnerte. Und jedem Treffer folgte ein neuer Satz: „Die Befürworter der Provinzposse sollten bedenken, daß sie von und mit Steuergeldern leben, die zuvor durch fleißige Arbeit verdient werden mußten.“

Was um Himmels Willen war passiert? Am Dienstag hatte Baustaatsrat Jürgen Lüthge den Senat mit einem Begehren des Ortsamtes Mitte beglückt. Das will am Samstag den 12. September ein Rembertikreisel-Fest feiern, und weil ein Fest ohne Autos umzu viel lustiger ist, soll die Hochstraße eben gesperrt und alternativ für Seifenkistenrennen genutzt werden. So geht es nicht, befand selbst Fußgänger Lüthge und schlug vor, die Veranstaltung nur für einen Sonntag zu genehmigen. Das sei familienfreundlicher, weil Mama und Papa da nicht einzukaufen bräuchten. Doch auch dieser Vorschlag ging einigen der versammelten sieben SenatorInnen noch zu weit. Und so wurde das Bauressort mit einer Wiedervorlage am nächsten Dienstag beglückt.

Was in der Vorlage drin zu stehen hat, weiß beispielweise der auch freitags nachmittags noch fleißige Wirtschaftssenator Claus Jäger ganz genau: „Es handelt sich bei dem Antrag des Beirates um eine intelligente Provokation, und darauf muß der Senat intelligent antworten. Das heißt: Wir setzen uns entspannt und mit lächelndem Gesicht hin und sagen: DAS KOMMT ÜBERHAUPT NICHT INFRAGE!!!“ Sonst würde der nächste Beirat möglicherweise Gefällstrecken auf Bundesfernstraßen belegen wollen.

Und zudem steht Jäger bei Karstadt im Wort: Blumenberg erinnert sich daran, daß Jäger zugesagt habe: Keine Verkehrsberuhigungen in Bremen 1992. Das müsse Blumenberg falsch verstanden haben, meint Jäger. Der Wirtschaftssenator wisse doch gar nicht, was da in Oberneuland oder sonstwo geplant sei. Er habe lediglich gesagt: „Die Martinistraße wird nicht gesperrt, wenn wir keine Antwort auf die Frage finden, wo der Verkehr bleibt.“ Daß der Koalitionsvertrag so Stück für Stück zum Altpapier wird, das wundert zuletzt Rosi Roland

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