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SAT.1 sendet aus Bremen

■ Ab Montag täglich „Boulevariges“ / Später regionales Frühstücksfernsehen

Der private Fernsehsender SAT.1 will in diesem Jahr insgesamt 34 Millionen Mark Defizit machen mit regionalen Nachrichten-Sendungen — am kommenden Montag soll es auch mit Bremen losgehen. Zwischen 17.45 und 18.15 heißt es dann auf SAT.1 nicht mehr „Wir in Niedersachsen“, sondern „SAT.1 regional Niedersachsen und Bremen“. „Ausschließlich journalistische Gründe“ habe das Engagement, erklärte SAT.1-Geschäftsführer Jürgen Doetz gestern vor der Bremer Presse, mit einem „informativen und boulevarigen Programm“ und ganz ohne „Soziologesisch“ will SAT.1 ein eigenes Profil entwickeln. Was das ist, demonstrierte der SAT.1-Norddeutschland-Geschäftsführer Heitmann an Blind- Titeln: „Blanker Busen buchtet Jade aus“ oder etwa: „Labskaus macht Bremern den Garaus. Das sind Schlagzeilen!“.

Die Themenmischung und Präsentation solle „leicht und nicht seicht“ sein. „Mindestens fünf Minuten“ in der bisherigen Niedersachsen-Sendung sollen die vier festen MitarbeiterInnen unter Hans-Peter Labonte mit vielen „Freien“ dann aus Bremen bringen, sagt Hans-Helmut Euler, Geschäftsführer des Bremer SAT-Partners „FF-Aktuell“. „Höchsten fünf Minuten“, sagt dagegen der Privatsender SAT.1.

Letztlich will SAT.1 die Regionalsendung allerdings nicht im Vorabendprogramm haben. „Mit anderen Programmen kann man da mehr Geld verdienen“, sagt Geschäftsführer Doetz. Am Vorabend beginnen zudem ARD und ZDF zunehmend den Konkurrenzkampf mit Spielfilmen.

Eine Marktlücke für Regionales, so Doetz, könnte dagegen im Bereich Frühstücksfernsehn entdeckt werden: „Das ist unser Modell“. „Wenn ich recht habe“, sagte Doetz, dann seien die Menschen beim ersten Biß ins Brötchen mehr an Regionalnachrichten interessiert als an internationalem Weltgeschehen — insbesondere, wenn abends die Mehrheit vor der Glotze auf Serie und nicht Information gesetzt hat.

Damit SAT.1 sich abends die Regionalsendungen, zu denen es durch Frequenz-Vertrag mit manchen Landesmedienanstalten gezwungen ist, aber ganz lassen und auf das regional informative Frühstück setzen kann, müssen einige Landespolitiker diesem Konzept zustimmen und SAT.1 aus den teuren Regional-Verpflichtungen am Abend entlassen. Der Starttermin 1.1.1993, der damit gleichzeitig das Ende von dem jetzt ins Leben gerufenen Regionalprogramm wäre, steht also noch nicht fest. Glücklich ist die Bremer Zuliefer-Firma FF- Aktuell mit dieser Perspektive keineswegs. Geschäftsführer Euler höflich: „Die Zeit am Abend ist ganz schön.“

Am kommenden Montag wird das neue Regionalprogramm für die letzten fünf Monaten dieses Jahres mit großem Werbetrommeln auf dem Bremer Marktplatz eröffnet: Werder Bremen, Wedemeier, der Melitta-Mann und Frau Rufer werden exklusiv und life für SAT.1 da sein und, so die Programm-Anforderung, „die Sprache der Leute in Niedersachsen“ (Regional-Chef Jürgen Koerth) sprechen.

Über ihre Erfolgskriterien wollten die SAT-1-Vertreter nicht allzu konkret werden. Zusätzliche regionale Werbeeinnahmen jedenfalls verspricht sich Geschäftsführer Doetz nicht, und nach den erwarteten Einschaltquoten befragt, verweist er an seinen Regional-Chef Koerth. In Niedersachsen habe das Regionalprogramm 150.000, in Spitzenzeiten 200.000 Zuschauer, sagt der. 40.000 in Bremen wären sehr gut.

Zur harten Konkurrenz für Buten&Binnen kann und will das SAT.1-Regionalprogramm in den nächsten fünf Monaten also nicht werden, nur mal „ankratzen“, fomuliert Koerth den journalistischen Anspruch: Wenn die Kollegen vom Öffentlich-Rechtlichen um 18 Uhr SAT.1 sehen und feststellen, daß sie ein wichtiges Thema verpennt haben, dann wird ein Sekt ausgegeben. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, findet FF-Aktuell Geschäftsführer Euler, in diesem Sinn müsse am Ende jeden Jahres ein Bier zusammen mit den Buten&Binnen-Kollegen getrunken werden. K.W.

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