piwik no script img

UNO-Beobachter in Südafrika

Heute kommen zum ersten Mal zehn UNO-Vertreter an den Kap, um am Montag und Dienstag den Generalstreik des ANC zu beobachten/ Kirchlicher Verhaltenskodex soll ruhigen Streikverlauf sichern  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

UNO-Beobachter kommen am heutigen Samstag in Südafrika an, um den zweitägigen Generalstreik am Montag und Dienstag und die darauffolgenden Demonstrationen zu überwachen. Damit hat die südafrikanische Regierung erstmals einer formalen internationalen Beteiligung am Reformprozeß zugestimmt. Um Gewaltausbrüche am Rande des Streiks zu vermeiden, hatten Kirchenführer am Donnerstag Verhaltensregeln für alle Beteiligten formuliert, die von den wichtigsten Parteien akzeptiert wurden.

Etwa zehn UNO-Vertreter werden sich in den nächsten zwei Wochen in Südafrika aufhalten. Präsident Frederick de Klerk habe „nichts gegen den Aufenthalt von unparteiischen und objektiven Beobachtern“, sagte Außenminister Pik Botha. De Klerk: „Der konstruktive Beitrag der internationalen Gemeinschaft kann hilfreich sein, aber letztendlich müssen Südafrikaner ihre eigenen Probleme lösen“.

UNO-Generalsekretär Butros Butros-Ghali hatte letzte Woche in einem Brief an de Klerk und ANC- Präsident Nelson Mandela von seinen „ernsthaften Sorgen“ gesprochen, daß der Streik zu Gewalt führen könnte. Daraufhin hatte der ANC den Einsatz von UNO-Beobachtern vorgeschlagen, damit „alle Leute, die sich an dieser Aktion beteiligen, sich erwartungsgemäß benehmen, inklusive der Sicherheitskräfte“, so ANC-Generalsekretär Ramaphosa.

Die Entsendung der Beobachter wurde beschleunigt durch Cyrus Vance, den UNO-Sonderbeauftragten, der sich bis gestern im Auftrag des Weltsicherheitsrates in Südafrika aufhielt. Vance soll Maßnahmen vorschlagen, die zu Beendigung politischer Gewalt und zur Wiederaufnahme von Verhandlungen beitragen können. Der ANC hat die ständige Überwachung der Sicherheitskräfte durch internationale Beobachter gefordert.

Vance gelang es außerdem, ein erstes formales Treffen zwischen ANC und Regierung seit Abbruch der Verhandlungen Mitte Juni einzuleiten. Wie am Donnerstag bekannt wurde, trafen sich Delegationen der beiden wichtigsten Kontrahenten am Dienstag, um über die Freilassung der letzten etwa 400 politischen Gefangenen zu verhandeln. Dem ANC zufolge stimmte die Regierung einer Freilassung innerhalb weniger Tage zu. Regierungssprecher haben das bisher nicht bestätigt.

Das südafrikanische Kabinett hat diese Woche außerdem zusätzliche Initiativen formuliert, die die Wiederaufnahme von Gesprächen mit dem ANC ermöglichen sollen. Verfassungsminister Roelf Meyer dementierte zwar Presseberichte, wonach die Regierung wichtige Forderungen für die Strukturen einer Übergangsregierung fallengelassen habe. Aber er weigerte sich, Einzelheiten über neue Offerten zu nennen. „Eine öffentliche Debatte würde Verhandlungen und Einigungsmöglichkeiten behindern“, sagte Meyer.

Die Wortgefechte im Vorfeld des Generalstreiks dauern indessen an. „Massenaktionen haben das Ziel verzögert, alle Südafrikaner so schnell wie möglich in den demokratischen Prozeß zu integrieren“, sagte de Klerk am Donnerstag. Und Finanzminister Derek Keys warnte, daß der Streik schwere wirtschaftliche Folgen haben würde. Der ANC verwies seinerseits auf den Einsatz von 5.000 zusätzlichen Polizisten und Soldaten in sechzehn schwarzen Wohngebieten Mitte der Woche. Dies sei provokativ und verschärfe die Spannungen. Der ANC rief die Sicherheitskräfte dazu auf, die von Kirchenführern ausgearbeiteten Verhaltensregeln zu befolgen. „Die Sicherheitskräfte sollten sich in friedliche Treffen, Märsche, Versammlungen und Demonstrationen nicht einmischen“, heißt es in dem 13 Punkte umfassenden Kodex.

Der Streik hat auch Spannungen zwischen unterschiedlichen Oppositionsgruppen verursacht. Der Panafrikanistische Kongreß (PAC) und vier andere, radikalere Gruppierungen, betonte am Donnerstag, daß seine Mitglieder den Generalstreik nicht unterstützen würden. Dessen Ziel sei es, Verhandlungen mit der Regierung wieder in Gang zu bringen, sagte ein PAC-Sprecher; diese lehne der PAC jedoch ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen