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Belgrad: Streik gegen Milosevic

Nach der „Verstaatlichung“ der „Politika“ wächst die Opposition gegen den serbischen Präsidenten  ■ Aus Zagreb Roland Hofwiler

Nachdem Mitte der Woche das Demonstrationsrecht in Serbien massiv eingeschränkt wurde, plant das Belgrader Parlament weitere politische Repressionsmaßnahmen. So debattierte es gestern über ein neues „Schul- und Hochschulgesetz“, das „staatsfeindliche Agitation“ im Unterricht unter Strafe stellt. Ziel der Maßnahme: Auf dem Campus der Hochschulen soll fortan jede politische Manifestation unterbunden werden, politische Veranstaltungen und Vorträge untersagt bleiben und das Militär zudem mit Vollmachten ausgestattet werden, um im „äußersten Notfall“ neben Polizeieinheiten eingreifen zu können.

Waren schon bisher die Freiräume an den Universitäten nicht gerade groß, soll ihnen nun der letzte Rest einer Autonomie genommen werden. Damit will das Regime verhindern, daß sich, wie in den vergangenen Monaten, Studenten zu politischen Protestaktionen zusammenfinden. Zum anderen will man aber auch die rechtliche Grundlage schaffen, jederzeit gegen albanische Privatschulen“ im Kosovo-Gebiet vorgehen zu können.

Scheint im serbischen Parlament, dem keine Oppositionsparteien angehören, in der Frage der „Schul- und Hochschulreform“ Einigkeit zu bestehen, so geht der Streit über die sogenannte Verstaatlichung des größten serbischen Verlagshauses Politika unvermindert weiter. Quer durch die Ränge der alleinregierenden Sozialisten Milosevics und der neofaschistischen Partei Vojislav Seseljs ist es bisher in dieser Frage zu keiner Einigung gekommen. Der Grund ist klar: Präsident Milosevic will den Verlag, in dem nahezu alle politischen Magazine Serbiens hergestellt werden, unter seine ganz persönliche Kontrolle bringen. In der Kontrolle des Parlamentes ist es nämlich bereits. Gesetzmäßiger Eigentümer der Politika sind nach alter sozialistischer Definition, „alle sozialistischen Verbände der werktätigen Massen“. Und diese „Verbände“ sind durch die Abgeordneten des Hohen Hauses der Werktätigen, sprich dem Parlament, vertreten.

Obwohl in den Zeitungen des Konzerns bereits seit Monaten kein kritischer Beitrag gegen die Politik der Kommunisten erschienen ist, dürfte ihre „Verstaatlichung“ nun zu einer weiteren Verschärfung der innenpolitischen Situation führen. Noch vor der Entscheidung des Parlaments begannen die 4.000 Angestellten von Politika den ersten Streik in der Geschichte des 88jährigen Unternehmens, ihre Zeitungen erschienen am Freitag nicht, der Fernsehkanal und der Radiosender der Mediengruppe beschränkten ihre Programme auf ein Minimum. Und: Der Verlagsleiter von Politika entschuldigte sich bei der Bevölkerung dafür, daß sich die Zeitung nicht früher gegen die Politik von Milosevic gestellt habe.

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