: Strecken und Verrenken
■ Musical-Project: Kiss me, Kate-Premiere im St. Pauli-Theater
-Premiere im St.Pauli-Theater
„Cats war schon ausverkauft“, sprach eine Dame und stellte sich am Samstag abend in die Schlange der Wartenden vorm St.Pauli Theater. Minuten später erhielt sie zum Vorzugspreis von 35 Mark zwei feine Karten für Cole Porters Kiss me Kate in der Inszenierung des Musical Project und ließ sich von einer netten Dame den Weg zu ihrem Klappsessel weisen.
„1987 gründeten junge Leute den Verein Musical Project, um gemeinsam ihren Spaß an Musik, Tanz und Schauspielerei umzusetzen“, offenbart das Programmheft. Und den Spaß an der Freude merkt man den zahlreichen Akteuren schon nach den ersten Zentimetern an, die sich der mächtige Vorhang hebt: Voll reger Aktion strecken und verrenken sich auf der Bühne
etwa drei Dutzend Tänzerinnen und Tänzer während ihrer Proben zu Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung. Mit „Premierenfieber“ demonstrieren sie dann mehr lautstark als stimmgewaltig ihren Spaß an gesanglichen Gelüsten.
Theaterdirektor Fred Graham (Patrick Fichte) will mit seinem Ensemble das Shakespeare-Werk auf die Bühne bringen, doch es stellen sich ihm so manche Schwierigkeiten in den Weg. Ihn und seine Hauptdarstellerin, zugleich seine Ex-Gattin, verbindet eine herzenskonfuse Haßliebe, die sie nicht nur hinter der Bühne ausleben. Zusätzlich wird er noch von zwei Ganoven, die ihn irrtümlich für einen Schuldner ihres Bosses halten, aufs Ärgste belästigt.
Genug Stoff für eine turbulente Handlung. Leider werden die amateurhaften Unfähigkeiten einiger Darsteller und Tänzer allzu deutlich. Die beiden Ganoven tapsen mit Perücken und versteckter Pistole über die Bühne und sind dabei nicht einmal ansatzweise komisch. Für eine der „Tänzerinnen“ hätte man noch eine drittletzte Reihe erfinden müssen, um sie zu verstecken. Die Akustik tat ein Übriges. Doch scheinbar hatte noch ein zweiter Verein im Saal Mitgliederversammlung, der „Applaus e.V.“. In beispielhafter Weise setzte er seinen Spaß an Klatschen und Kreischen um. Gregor Gerlach
St.Pauli-Theater, bis 30.8. täglich außer montags, 20 Uhr
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