: "Anti-Sonnen" Kleidung ist der Modehit in Japan
■ White is beautiful
White is beautiful
Tokio (AFP/taz) — Gilt dem vom Ozonloch unbeeindruckten Europäer die sonnengebräunte Haut noch immer als erstrebenswert, so ist blaß schon traditionell chic in Japan. Der neueste Schlager auf Tokios Modemarkt ist in diesem Jahr sonnenabweisende Spezialkleidung, die vor allem vor der ultravioletten Strahlung schützen soll.
Viele Unternehmen lassen sich den Profit, den sie aus der „Sonnenhysterie“ schlagen können, nicht nehmen. Über 50 Prozent Umsatzsteigerung melden die großen Kaufhäuser der Millionen-Metropole. Große Nachfrage herrsche nach Jacken, Hemden, Hüten, Badekleidung sogar nach Schirmen und Vorhängen — eben allem, was die Sonne abweist. Wenn es um den umfassenden Sonnenschutz geht, wird trotz der anhaltenden wirtschaftlichen Rezession in Japan nicht gespart.
Bereits im vergangenen Sommer hatten Japans Modemacher die ersten „Anti-Sonnen“-Artikel auf den Markt gebracht. Doch der richtige Boom setzte erst in diesem Jahr ein. Einen 95prozentigen Schutz gegen die schädlichen Sonnenstrahlen versprechen die Hersteller den Konsumenten durch ihre Spezialkleidung. Diese wird in verschiedenen Verfahren produziert. So können beispielsweise reflektierende Partikel in die Stoffe eingewebt werden. Auch sollen chemische Zusätze gegen die UV-Strahlung schon bei der Färbung der Kleidung für die nötige Sonnenabwehr sorgen. Dennoch gibt es auch Skeptiker in der Modebranche. Der Sprecher einer der großen japanischen Textilfirmen erklärte, eine derartige Behandlung sei nicht notwendig, da die Produkte seines Hauses durch ihren Polyester- Gehalt schon über 80 Prozent der Sonneneinwirkung abhalten würden.
Die Kosmetikindustrie kann bereits seit Anfang der 80er Jahre nicht nur mit Schutzcremes stetig steigende Gewinne erzielen. Reißenden Absatz findet seit neustem eine Salbe, die von der Sonne gebräunte Haut wieder weiß färbt. Daneben werden auch exotische Artikel von der sonnenabweisenden Kundschaft gerne genommen. Da ist etwa eine Uhr auf dem Markt, die UV-Strahlen mißt, oder ein Gerät, das Alarm schlägt, sobald eine bestimmte Grenze der ultravioletten Belastung erreicht ist.
In Japan, wo weiße Haut traditionell als Zeichen von Schönheit gilt, wird nach Ansicht der Experten dieser Trend auch weiterhin anhalten, da immer mehr Mediziner weltweit auf die Gefahr von Gesundheitsschäden durch zu hohe Sonnenbelastung hinweisen.
Allerdings warnen vereinzelte Fachleute vor übertriebener Furcht vor der Sonne. Es darf schließlich nicht außer acht gelassen werden, daß Sonnenstrahlen für den Menschen auch gesundheitsfördernd sind. Zu große Enthaltsamkeit verhindert die Bildung des wichtigen Vitamin D im Körper und fördert die Gefahr von Knochenschwund und Krebs.
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