: Lieber Metal Hammer,
mann o mann, da habt ihr euch aber wirklich Mühe gegeben, uns ans Bein zu pinkeln. Wir sehen es richtig vor uns, wie euch eure Headbanger-Balls auf Kiwi-Größe anschwellen, als ihr zum publizistischen Gegenschlag ausholt, den ollen Rainer Werner wieder ausgebuddelt und ihn und sein einst („so um 1979“) verbotenes Stück als Prätorianergarde in die erste Reihe stellt. Leider kamen wir nicht dazu, uns zu gruseln, wurden wir doch immer wieder von so ausgefeilten Kabinettstückchen wie „aus nicaraguanischen Kaffeebohnen gespeister sowie von indischen Hanf- Produkten umnebelter Links-Intellektualismus“ geblendet. Daß ihr uns „ein kritisches und emanzipatorisches Selbstverständnis“ bescheinigt, ging natürlich runter wie kaltgepreßtes Olivenöl. Nur am Schluß laßt ihr etwas nach, das mit der „Tatsachen verschleiernden Kampf-Schreibe“ hatten wir schon mal aus einer anderen dunklen Ecke gehört. Nur gut, daß ihr euch schon auf der nächsten Seite wieder existentielleren Problemen zuwendet („Wohin mit den vollgepißten Flaschen?“), sonst hätten wir vielleicht doch noch bleibende Schäden davongetragen. Aber ihr habt ja recht! Unser ansonsten sehr geschätzter Kollege hatte einen miesen Tag und war mit seinen lila Birkenstocksandalen voll in den Schwermetall-Fettnapf getreten. Peinlich! Wahrscheinlich völlig unbeabsichtigt, habt ihr jedoch in eurem heiligen Zorn vergessen zu erwähnen, daß unsere Leser den Blödsinn sehr wohl als solchen erkannten und daß wir zweieinhalb Seiten (unsere Seiten sind größer als eure) kritischer und empörter Leserbriefe abdruckten plus einer pflaumenweichen Entschuldigung unseres trantütigen Kollegen. An dieser Stelle wollen wir auch Dir, lieber „Metal Hammer“, bei allem was uns unheilig ist, versprechen, daß so ein Ding wie der Death Metal-Artikel (23.6.) in Zukunft keine Chance mehr hat, die Finsternis der Druckmaschinen zu erblicken.
So, und nun wird zurückgepinkelt: Sag mal, Metal Hammer, warum reitet ihr eigentlich dauernd auf Lemmys Warzen herum? Da erscheint doch kein Motörhead- Beitrag, ohne daß an seinen Warzen herumgedrückt wird. Finden wir widerlich! Eure Plattenkritiken beobachten wir schon seit einiger Zeit mit kaltem Entsetzen. Warum zum Teufel laßt ihr immer genau die Leute die Platten besprechen, die sie sowieso gut finden. Und was soll denn eigentlich die höchste Benotung für die neue Sonic Youth? Wollt ihr euch umbenennen in „Alu Hammer“ oder was? Bei der immer wieder auftauchenden Frage, ob Metal-Kapellen Balladen singen dürfen oder nicht, haben wir die Antwort für euch: Sie dürfen — wenn sie können. Ansonsten solltet ihr aufhören, fürs „Bravo“-Niveau zu trainieren und jedem Trend zu huldigen. Konzentriert euch wieder aufs Headdiving, Stagebanging etc. Ach ja, warum steht im letzten Heft nichts mehr über die neue Megadeath (Note 7, von der taz-Redaktion)? Allein ihr Cover — wunderschön entfesselte Morbidität — wäre 200 Zeilen wert.
Zum Schluß noch schnell ein Tip, damit ihr demnächst auch in Sachen Musik die Nase vorn habt: Vergeßt endlich Iron Maiden und kümmert euch mal um Depressive Age. Die Jungs werden in Kürze zu den ganz Großen gehören.
Mit kollegialen Grüßen
Karl „Rockatansky“ Wegmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen