QUERSPALTE: Wird der Urintest wasserdicht?
■ Katrin Krabbe, Fall 2: Der olympische Geist hat jetzt einen Namen
Furchtbar, diese Gespenster! Noch immer wissen wir nicht, wie das Ungeheuer von Loch Ness aussieht. Schleimig, lurchig, krötig? Und munkelt nicht auch ein anderer stets im Dunkeln: Der olympische Geist (OG), oft zitiert, immer gesucht, aber nie vor Ort gesichtet. Ist er hehr, hold, strahlend weiß? Keine Ahnung! Sicher ist nur: Er heißt Katrin. Hatte OG nicht schon einen überzeugenden Einsatz in Albertville, als er mit einem herrlichen Dopingskandal die langweiligen Winterspiele aus der Lethargie riß? Nun endlich ließ sich OG auch in Barcelona blicken. Katrin Krabbe, so ging plötzlich die Runde, ist positiv getestet worden. Im Trainingslager in Zinnowitz — vier Tage, nachdem der Welt-Leichtathletik-Verband sie hatte laufen lassen. „Ich bin frei, ich bin frei“, jubelte die Krabbe damals überschwenglich. Wäre nicht besser gewesen: „Ich bin voll, ich bin voll“? Denn das Ergebnis der A-Probe ist eindeutig, selbst der greise Willi Daume tränt: „Es stimmt.“
Aber: Achtung, Rechtsstaat!! Die B-Probe wird erst nach Olympia analysiert, erst dann gilt der Urintest als wasserdicht. Egal: Der Eklat ist perfekt, die olympische Familie brummt und summt wieder wie ein aufgeregter Bienenstock. Grundtenor: Wie kann Geist nur so blöd sein. „Die ist dümmer, als die Polizei erlaubt“, findet Schwimmer Nils Rudolph. Ähnliches vermutet Hochspringer Ralf Sonn: „Selten dämlich.“ Reiner Klimke, Sprecher der deutschen Mannschaft, „kann es einfach nicht glauben, ich bin doch ein Fan von Katrin Krabbe“, und Fehlstarter Jürgen Hingsen verspürt „einen Schlag ins Gesicht“. Das rhetorisch sonst so gewandte IOC-Mitglied Thomas Bach ist relativ sprachlos. „Wenn das stimmt, ist das eine ziemliche Unverfrorenheit.“ Nur dem Chef de Mission, Ulrich Feldhoff, hat wieder mal keiner was erzählt. Von der Neuigkeit kalt erwischt, forderte er: „Wenn sich das bestätigt, muß Frau Krabbe wegen Dummheit zusätzlich bestraft werden.“
Ein echter running gag also, und ein wunderbarer Eklat, der einen so richtig erfrischt in der dumpfen Hitze Barcelonas. Verdächtig ist nur, daß OG immer passend kommt. Die Kritik an den ökologisch katastrophalen Winterspielen ging unter im Streit um den Urin von Katrin Krabbe. Nun, wo die Sommerspiele immer mehr als gigantische Werbemesse beschrieben werden, steht OG wieder auf der Platte. So erhärtet sich ein furchbarer Verdacht: Der olympische Geist, so glauben Insider, wird von IOC-Chef Samaranch bezahlt. Dem nämlich ist alles zuzutrauen. Michaela Schießl, Barcelona
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