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Sarajevo ohne Wasser, Gorazde ohne Brot

■ Wasserpumpstationen von Granaten getroffen/ Moslems starten „endgültigen Befreiungskampf“ gegen die Serben/ UN-Sicherheitsrat fordert Zutritt zu Gefangenenlagern in Ex-Jugoslawien

Sarajevo (AFP/taz) — Auch gestern stand die bosnische Hauptstadt Sarajevo wieder unter schwerem Artilleriebeschuß. Dabei sei, so der Sprecher der UN-Schutztruppen (UNPROFOR), Mik Magnusson, die wichtigste Wasserleitung, durch den Beschuß von zwei Pumpstationen getroffen, unterbrochen worden. Radio Sarajevo hatte bereits am Vortag berichtet, serbische Einheiten würden vom Wasserreservoir des Stadtteils Ilidza aus die Leitungen kappen. Ilidza, das im Westen Sarajevos liegt, wird von Serben kontrolliert.

Nach Radio Belgrad hat inzwischen eine „allgemeine moslemische Offensive“ auf die serbischen Stellungen rund um die belagerte Stadt begonnen. Dabei sollen die Moslems erstmals auch großkalibrige Artillerie eingesetzt haben. Die Serben hätten die Angreifer jedoch zurückschlagen können, meldete der Sender. Nach Angaben der Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug hatten die moslemischen Behörden Sarajevos am Dienstag zum „endgültigen Befreiungskampf“ gegen die Serben aufgerufen. Noch dramatischer sieht die Situation im ostbosnischen Gorazde aus. Schon seit 135 Tagen leistet die mehrheitlich von Moslems bewohnte Stadt der serbischen Belagerung verzweifelten Widerstand. Sie ist die letzte, die den „ethnischen Säuberungen“ der Serben noch nicht zum Opfer gefallen ist. Doch auch die Tage Gorazdes scheinen gezählt. Wie der Bürgermeister der Stadt, Hadzo Efendic, am Dienstag über den Rundfunk berichtete, gehen die Nahrungsmittel aus. Immer mehr Verletzte müßten sterben, weil es an Medikamenten und Ärzten fehle. Wenn die internationale Gemeinschaft jetzt nicht eingreife, so Efendic, werde seine Stadt bald ein „Friedhof“ sein. 100.000 Menschen sind nach Angaben des Bürgermeisters seit Beginn der Belagerung am 21. März in der Stadt eingeschlossen. Davon sind mehrere Zehntausend moslemische Flüchtlinge, die von den Serben aus anderen Orten der Region vertrieben wurden. Vor Ausbruch des Krieges zählte Gorazde 37.500 Einwohner.

Unterdessen hat der UN-Sicherheitsrat für internationale Hilfsorganisationen den Zutritt zu Gefangenenlagern in Bosnien-Herzegowina und den übrigen ehemals jugoslawischen Republiken verlangt. „Sehr besorgt“ äußerte sich der Weltsicherheitsrat am Dienstag abend zudem über die Inhaftierung und die „unvermindert schlechte Behandlung“ von Zivilisten in diesen Lagern. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat nach eigenen Angaben bislang acht Gefangenencamps mit rund 4.000 Insassen in Bosnien-Herzegowina ausfindig gemacht. Bisher werfen sich die Konfliktparteien gegenseitig vor, „Todeslager“ zu betreiben: Nach serbischen Angaben werden 42.000 Menschen in gegnerischen Camps festgehalten. Die bosnische Führung spricht von mehr als 90.000 Gefangenen in serbischen Lagern.

Auch die EG-Kommission schloß sich den Forderungen des Weltsicherheitsrats an und verlangte für das IKRK freien Zugang zu den Gefangenenlagern. Unter anderem müsse das Lager Omarska im Norden Bosniens für die Hilfsorganisation geöffnet werden, sagte ein EG-Sprecher gestern. In diesem Camp haben nach Berichten der New Yorker Zeitung „Newsday“ serbische Wächter bereits mehrere hundert Menschen ermordet. BZ

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