: UNO setzt Somalia-Hilfe aus
■ Lebensmittellieferungen aus Sicherheitsgründen vorerst für einen Monat eingestellt/ Scharfe Reaktion von Hilfsorganisationen/ Auch im Sudan Kritik an der UNO
Berlin (taz) — Die UNO hat beschlossen, ihre Lebensmittellieferungen in die somalische Hauptstadt Mogadischu mit sofortiger Wirkung für einen Monat einzustellen. Dies berichtet der britische Guardian aus Mogadischu. David Bassiouni, der UNO-Hilfskoordinator, habe die Entscheidung mit der schlechten Sicherheitslage im Hafen der Hauptstadt begründet. Die UNO würde jetzt den verschiedenen bewaffneten Organisationen anbieten, einige ihrer Mitglieder als Polizisten auszubilden, damit der Schutz von Hilfsgütern von Somalis selbst übernommen werden könnte. Bassiouni habe ebenfalls angedeutet, die UNO würde den Beschluß des Sicherheitsrats vom 27.Juli, 500 bewaffnete Blauhelme als Begleitschutz für Lebensmitteltransporte nach Somalia zu entsenden, auch ohne eine Zustimmung der somalischen bewaffneten Organisationen umsetzen.
Seit Mai hat die UNO 22.000 Tonnen Lebensmittel nach Somalia geliefert — etwa ein Drittel der geplanten Menge. Die Verteilung der Hilfsgüter ist nur dadurch möglich, daß somalische Milizen dafür bezahlt werden, Hilfskonvois nicht anzugreifen. Das UN-Lebensmittelprogramm WFP hat sich jetzt aber unter Hinweis auf seine schlechte Finanzlage geweigert, umgerechnet 220.000 DM zu zahlen, die von somalischen Lastwagenfahrern für den Transport von 10.000 Tonnen Nahrungsmittel in die etwa 250 Kilometer von Mogadischu entfernte Stadt Baidoa verlangt werden.
Der Beschluß, vorläufig nichts mehr nach Mogadischu zu schicken, wird von Hilfsorganisationen vor Ort nun als Beleg für die Inkompetenz der UNO gewertet. Lieferungen sollten erst dann aufhören, „wenn Lebensmittel so reichlich vorhanden sind, daß niemand sie zu stehlen braucht“, zitiert der Guardian den Chef einer Hilfsorganisation. „Die UNO hat den Kontakt zu den hiesigen Realitäten verloren.“
Auch im Sudan, wo die Regierungsoffensive gegen die südsudanesische Guerilla „Sudanesische Volksbefreiungsarmee“ (SPLA) sowie die Deportation von 1,5 Millionen Südsudanesen aus der Hauptstadt Khartum zu einer Massenflucht von fast 200.000 Menschen in Lager an der Grenze zu Uganda geführt hat, wird die UNO zunehmend kritisiert. Das SPLA-Hilfswerk SRRA hat der Weltorganisation Parteinahme für die Regierung vorgeworfen. „Während die UNO Nahrungshilfe im Osten des Landes leistet, geschieht im Süden gar nichts“, sagte SRRA- Sekretär Madot der Nachrichtenagentur IPS.
Kürzlich, so Madot, habe ein mit den UNO-Insignien gekennzeichnetes Flugzeug Regierungstruppen und Waffen in die von der SPLA belagerte Stadt Juba gebracht. Die UNO sagt allerdings, das Flugzeug sei gemietet worden und ohne offizielle Erlaubnis nach Juba aufgebrochen. D.J.
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