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Abschied von der Bühne der Eitelkeiten

■ GAL-Abgeordneter Michael Pollmann verläßt die Fraktion / Im Parlament herrschten zuviel "Selbstüberschätzung und Rollenspiele" / Zum Abschied Selbstkritik und Schelte für die Diätrn-Kritiker...

verläßt die Fraktion / Im Parlament herrschten zuviel »Selbstüberschätzung und Rollenspiele« / Zum Abschied Selbstkritik und Schelte für die Diäten-Kritiker / GAL-Fraktion steht vor großen Problemen

Es rotiert wieder bei der GAL in der Bürgerschaft. Schon nach einem Jahr im Hamburger Landesparlament zeigt sich der Grüne Abgeordnete Michael Pollmann amtsmüde. Am 19. August gibt er sein Mandat zurück und verläßt die GAL-Fraktion. Für ihn wird der Arzt Peter Zamory nachrücken.

„Persönliche Gründe“, sagt Pollmann, hätten den Ausschlag für seine Entscheidung gegeben. Die aber eng mit dem verknüpft sind, was der 30jährige seit der Bürgerschaftswahl im Rathaus erlebt hat. Erfahrungen, die auch jenes Phänomen einschließen, das in den vergangenen Monaten unter dem Schlagwort „Parteienverdrossenheit“ Karriere gemacht hat.

„Maßlose Selbstüberschätzung“ entdeckte Pollmann bei vielen Abgeordneten. Krampfhaft versuchte sie außerdem, so zu tun, als hätten sie die gesellschaftlichen Entwicklungen im Griff. Die Folge: zwanghafte Selbstvermarktung und „eitles Gehabe“, so beobachtete es jedenfalls der scheidenden GAL-Abgeordnete. Ein Theaterstück, in dem Regierung („Wir machen alles richtig“) und Opposition („Ihr macht alles falsch“) ihre starren Rollen einnehmen.

Er hat mitgespielt in diesem Theaterstück. Als Vorsitzender des Wirtschaftausschusses war er fachlich anerkannt. Nicht wenige im Rathaus halten ihn unter anderem wegen seiner rhetorischen Begabung für eines der größten politischen Talente des Parlaments. Das stellte er vor allem in den Debatten zum Diätenskandal unter Beweis.

„Ich habe damals Fehler gemacht,“ sagt Pollman heute. Die Selbstgerechtigkeit der Diätenkritiker, zu denen er sich zählt, aber auch der Presse, die die Politiker zu Sündenböcken gestempelt haben, kritisiert er heute. Denn im Versorgungsdenken unterschieden sich Journalisten wohl kaum von Abgeordneten. Hier hätte sich weniger ein politisches Problem, als ein gesellschaftliches gezeigt.

Genervt hat den früheren Eimsbüttler Politiker nach dieser Affäre auch, „mit welcher Selbstverständlichkeit die Politik zum Business erklärt wurde“. Zum Geschäft, in dem angemessene Preise gezahlt werden müßten. Er lehnt diesen Trend ab: „Das läuft dem Wesen der Demokratie als Selbstverwaltung entgegen.“ Auswege sieht der der GALier nicht. Natürlich müsse die Bevölkerung wieder stärker einbezogen werden. Aber ein Rezept dafür hat er auch nicht.

Auch der Frust über die eigene Fraktion ist aus seinen Worten herauszuhören. Klar, es gebe unterschiedliche Positionen, die nebeneinander stünden, aber es werde auch sehr wenig aufeinanderbezogen gearbeitet. Seine acht Fraktionskollegen brüteten am

Mittwoch über einer neuen Aufgabenverteilung. Peter Zamory ist ein erfahrener Gesundheitspolitiker, Pollmanns Fortgang hinterläßt jedoch Lücken in der Wirtschafts- und Innenpolitik.

Entsprechend wortkarg zeigte sich die Bürgerschaftsfraktion gestern. Weder zur neuen Arbeitsverteilung, noch zum Abschied ihres Kollegen wollten sie eine Stellungnahme abgegeben. uex/sako

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