: Knebelkette „war notwendig“
■ Oldenburger Kripo-Chef verteidigt Einsatz gegen Teststrecken-Blockierer
„Auch friedliche Aktionen können strafbar sein“, rechtfertigt der Leiter der Kripo-Oldenburg, Heinz Hausenblas, den Polizeieinsatz gegen 70 Blockierer einer Oldenburger Mercedes-Niederlassung. Die Demonstranten hatten mit ihrer Aktion am Mittwoch gegen den Bau der Daimler-Teststrecke protestiert (vgl. taz 6.8.) 54 von ihnen waren zur Personalfeststellung auf die Hauptwache mitgenommen und zum Teil gewaltsam zur Abnahme der Fingerabdrücke gezwungen worden. Die polizeiliche Beendigung der Blockade-Aktion sei „notwendig gewesen“, da die Geschäftsleitung des gegen die Blockierer Strafantrag wegen Hausfriedensbruch gestellt habe, dabei habe es keine Rolle gespielt, daß die Protest-Veranstaltung von vornherein zeitlich auf drei Stunden befristet gewesen sei und vollkommen gewaltlos verlief, meinte Hausenblas. Und da die „rechtlich gebotene Personalfeststellung“ am Ort des Geschehens „technisch nicht möglich gewesen“ sei, seien 54 BlockiererInnen auf die Wache gebracht worden. Dort hätten 49 von ihnen aufgrund ihrer Personalpapiere identifiziert werden können. Lediglich zwei Demonstrantinnen hätten Widerstand gegen die erkennungsdienstliche Behandlung geleistet. Eine 23jährige Belgierin habe nach den Beamten getreten und geschlagen, sie als „Nazi-Schweine“ beschimpft. Bei ihr und der 19jährigen Miriam B. hätten die Beamten die Faust mit Gewalt aufbiegen müssen, um Fingerabdrücke zu nehmen. Dabei sei auch eine sogenannte „Knebelkette, ein einfaches Hilfsmittel der polizeilichen Gewalt, verwendet“ worden. Von einer „Mißhandlung“ der beiden Frauen durch die Beamten könne „aber nicht die Rede“ sein. Entgegen der Behauptungen von Miriam B. hätten die Beamten auch versucht, unter einer von ihr angegebenen Telefonnummer einen Rechtsanwalt zu erreichen, was al lerdings mißlang. Daß Miriam B. von diesen Bemühungen aber gar nicht in Kenntnis gesetzt wurde, wollte der Kripo-Chef nicht ausschließen.
Was auf der Wache genau passierte müssen nun wohl voraussichtlich die Gerichte klären. Zumindest im Fall der 23jährigen Belgierin rechnet der Kripo-Leiter damit, daß die Schutzpolizei Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt erstattet. Auch die beiden Blockiererinnen, die nach der gewaltsamen Personenfeststellung ärztlich behandelt werden mußten, wollen wohl wegen Körperverletzung klagen.
Die Vorsitzende der niedersächsischen Landtagsfraktion der Grünen, Thea Dückert, kündigte unterdessen an:“Wir werden im Innenministerium einen Bericht über den Polizeieinsatz anfordern“. Die Schilderungen der DemonstrantInnen hätten bei den Grünen starke „Zweifel an der Angemessenheit der polizeilichen Mittel“ aufkommen laassen. Marco Carini
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen