QUERSPALTE
: Einheit für die Katz'

■ Operation Goldschwemme gescheitert: Wiedervereinigung olympia-untauglich

Als sich Helmut Kohl vor vier Jahren mal wieder im Medaillenspiegel betrachtete, kam ihm eine glorreiche Erleuchtung. „Aber das ist doch...“, dachte der sportbegeisterte Kanzler, der immer voller Neid zusehen mußte, wie Kollege Honecker massenhaft Goldmedaillen-Gewinner empfangen und ungestraft um Kati Witt herumscharwenzeln durfte, während ihm nur eher unappetitliche Gestalten wie Lothar Matthäus zum Herzen und Drücken blieben. Es begann zu rechnen in des Pfälzers Hirn und erstaunliche Ergebnisse traten ans Licht des kanzlerischen Denkens: 102 Medaillen hatte die DDR in Seoul gewonnen, 40 die BRD, zusammen also 142 — mehr als die UdSSR mit ihren 132, erheblich mehr als die 94 der USA. Da gab es nur eins: Sofortige Zusammenlegung. Die „Operation Goldschwemme“ war geboren.

Den Anfang der Kampagne, deren Ziel die systematische Zersetzung des Ostblocks war, bildete das geschickt gestreute Gerücht, in der BRD-Botschaft in Prag würde eine Sportartikelfirma kostenlos bunte Freizeitanzüge verteilen. Als dann Undercover-Agenten aus dem Kanzleramt die Information verbreiteten, der Sozialismus sei gescheitert und in Ungarn ein Loch im Zaun, war der Lauf des Schicksals nicht mehr aufzuhalten. Ein besonderer Coup gelang Kohl in Moskau. Für drei Flaschen Wodka erklärte sich Boris Jelzin bereit, die Sowjetunion zugrundezurichten.

Die Vorbereitungen für den triumphalen Empfang der Olympiasieger von Barcelona konnten getroffen werden, ein erstes gemeinsames Absingen der Nationalhymne vor dem Schöneberger Rathaus hatte allerdings noch nicht den gewünschten Erfolg. Die Falschsänger Momper und Wohlrabe wurden auf Lebenszeit gesperrt und verschwanden in der politischen Versenkung. Helmut Kohl war dennoch weiter optimistisch. Vorsorglich steckte er Erich Honecker in den Knast, damit dieser nicht aus alter Gewohnheit zum Empfang der Goldjungens und Goldmädchen am Flughafen auftauchen konnte, und den ganzen Frühsommer brachte der Kanzler mit der Abfassung seiner gefürchteten Glückwunsch-Telegramme zu.

Doch dann schlug das Schicksal unbarmherzig zu. Zuerst stellte sich heraus, daß Jamaika schon vor Jahren unter dem Decknamen „Donike“ einen versierten Kälbermäster und Voodoo-Experten nach Deutschland geschleust hatte, der auf perfide Art Katrin Krabbe, die für dreimal Gold sorgen sollte, aus dem Verkehr zog. Dann zeigte sich die alte UdSSR entgegen den Versprechungen Jelzins („Die kriegen nichts zu fressen, dann sind sie alle platt.“) wesentlich zählebiger als erwartet und schließlich erwies sich die einseitige Ostorientierung als fatal.

Lächerliche 81 Medaillen bringt das deutsche Einheits-Team mit nach Hause, 111 dagegen die GUS und 107 die USA. Vier Jahre harter Arbeit sind vergeudet, doch ein Helmut Kohl gibt nicht auf. Das nächste Projekt liegt bereits in der Schublade. „Operation Goldrausch“: Die Zerschlagung der USA in 51 Teilrepubliken bis zu den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta. Matti Lieske