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KOMMENTARMomper auf Abwegen

■ Am Scheidepunkt von politischer und privater Karriere

Keine drei Monate ist es her, daß bei den Bezirkswahlen der Nichtwähler die politische Bühne dominierte. Das Wort von der Politikverdrossenheit ging um. Der Landesvorsitzende der SPD, Walter Momper, erkannte in dem Ergebnis zu Recht einen kontinuierlichen Wählertrend weg von den Volksparteien. Er forderte damals gründliche Veränderungen in der Politik. Eine, wenn vielleicht auch nicht gründliche, hat er nun selber eingleitet und ein neues Tätigkeitsfeld bei der Firma des Ex-Chefs der Berliner Abendschau, Gerd Ellinghaus, übernommen. Dagegen wäre nichts zu sagen, warum soll ein verdienter Politiker sich nicht ein neues Tätigkeitsfeld suchen. Daß er jedoch weiterhin Parteivorsitzender bleibt und im Oktober erneut für diesen Posten kandidiert, stellt das bekannte Mischungsverhältnis von öffentlichem Amt und privatwirtschaftlicher Beschäftigung her, das nicht erst bei Mißbrauch anrüchig ist. Warum sollte ein Unternehmen einen prominenten Politiker engagieren, wenn nicht auch wegen dessen Kenntnissen und Qualitäten. Die Treffsicherheit einer politischen Prognose hat für eine Firma, die Aufträge von der öffentlichen Hand erhält, einen unternehmerischen Wert. Mompers Bekundung, er wolle Interessenkonflikte vermeiden, indem er selber keine Gespräche mit Behörden führt, geht am Problem vorbei.

Nach diesem Schritt wird Momper einen schweren Stand in der SPD haben. Ob er als Vorsitzender abgewählt wird, hängt letztendlich von den personellen Alternativen ab. Sein Konkurrent um die Spitzenkandidatur bei den Wahlen 1995, Ditmar Staffelt, hat jedoch allen Grund, wieder ruhiger zu schlafen. Er wird mit dem Bonus in die Auseinandersetzungen gehen, sich voll im Dienste von Partei und Fraktion engagiert zu haben. Momper hingegen wird der nicht nur Politikern eigene Makel anhaften, alles haben zu wollen und zugleich nichts lassen zu können. Dieter Rulff

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