„Säuberungsaktionen“ in Bosanski Petrovac

Göttingen/Tirana (AFP/taz) — Während der Weltsicherheitsrat über Möglichkeiten eines militärischen Eingreifens in Ex-Jugoslawien nachdenkt, gehen die „ethnischen Säuberungsaktionen“ der Serben offenbar unvermindert weiter. So haben serbische Milizen am Montag nachmittag damit begonnen, die 7.000 Moslems und Kroaten (25 Prozent der Bevölkerung) der westbosnischen Stadt Bosanski Petrovac gewaltsam zu vertreiben. Die genauen Umstände dieser Vertreibung beschreibt die Bürgerorganisation „Club Bosanski Petrovac“ in einem Telegramm an die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Bereits am Freitag, heißt es in dem Hilferuf, seien bei den brutalen Serbenaktionen mehrere Familien getötet worden. Die Einheiten würden moslemische und kroatische Bewohner aus ihren Häusern treiben und diese anschließend an Serben übergeben. Was aus den Vertriebenen werde, die weder Wasser noch Nahrungsmittel hätten, scheine niemanden zu interessieren.

Am Sonnabend hatten Einwohner von Petrovac die UN-Truppen in Zagreb über die drohende Vertreibung informiert. Diese versprachen daraufhin zwar Hilfe, doch bis heute ist keinerlei Unterstützung eingetroffen. Der Vertreibungsaktion war ein Ultimatum der serbischen Armee an die nichtserbische Bevölkerung vorausgegangen. Bis zum Montag, hieß es darin, sollten alle Kroaten und Moslems die Stadt verlassen.

Nach Auffassung der GfbV ist die grausame „ethnische Säuberung“ von Petrovac nur der erste Schritt einer großangelegten Vertreibung von insgsamt 300.000 Moslems und Kroaten aus der letzten noch nicht völlig von Serbien eroberten Enklave um Bihac.

Der serbischen Unterdrückungspolitik entgegenzusteuern — zumindest verbal —, bemüht sich dagegen der jugoslawische Ministerpräsident Milan Panic. Schon „ab nächste Woche“ solle der seit zwei Jahren herrschende Ausnahmezustand in der serbischen Provinz Kosovo aufgehoben werden, verkündete er gestern nach seinem Albanienbesuch. Dort hatte er mit seinem albanischen Kollegen Meksi und Außenminister Sereqi Gespräche über die Zukunft des Kosovo geführt. Von den 1,5 Millionen Einwohnern sind 90 Prozent Albaner. Meksi hatte für die Normalisierung der Beziehungen zu Jugoslawien mehrere Bedingungen gestellt. Der Ausnahmezustand im Kosovo solle aufgehoben, die Bundesarmee abgezogen und neutrale Beobachter stationiert werden.

Derweil haben die UN-Truppen, die serbische Führung von Bosnien- Herzegowina und die örtliche Hilfsorganisation „Kinderbotschaft“ ein Abkommen geschlossen: Mütter erhalten die Möglichkeit, mit ihren Kindern aus Sarajevo nach Kroatien oder Serbien zu flüchten. Später soll das Abkommen auf das gesamte Gebiet Bosnien-Herzegowina ausgedehnt werden. Bereits für heute sei der erste Konvoi ins kroatische Delnice geplant.