: Der Knöllchenkrieg
■ Die Mannen der „16E“-Schicht sind eifrig im Schreiben von Strafzetteln
Wenn die „16E“-Fahnder keinerlei Handhabe haben, gegen Personen, die in ihr eingeprägtes „Feindbild“ passen, mit polizeilicher Gewalt vorzugehen, dann zeigen die „16E“-Männer auf anderem Gebiet Elan: dem Knöllchenschreiben. Oben auf ihrer Liste steht der Ex-GAL-Abgeordnete, Polizistenschreck und Viertel-Aktivist Michael Herrmann, dessen Betrieb sich gegenüber der Wache 16 befindet. Herrmann: „Ich habe in den letzten Jahren mindestens 100 Knöllchen bekommen.“ Beliebter Vorwurf: „Unangeschnalltes Fahren“. Kostenpunkt: 4000 Mark.
Und auch hier deckt die Justiz wieder die Methoden der umstrittenen Truppe, die einst als zusätzliche Einsatzgruppe bei sogenannten „Problemlagen“ (Polizeijargon) eingerichtet worden ist. Herrmann: „Ich kann dagegen ja nichts tun. Obwohl ich angeschnallt war, behaupten die Typen, mich unangeschnallt gesehen zu haben. Ich werd' dann verknackt.“
Eine ähnliche Erfahrung macht derzeit Rainer Woelfert von der Stresemannstraßen-Verkehrsini. Weil sie Woelfert am 15. Juni dieses Jahres bei einer nächtlichen (24 Uhr) Aktion für Verkehrsberuhigung auf dem Asphalt nichts anhängen konnten, observierte die „16E“ anschließend Teilnehmer der Blockade.
Zwei Stunden lang harrte offenbar Fahnder Markus Priebe vor der Kneipe „Erpel“ aus, bis Woelfert nach Hause radelte und Priebe mit dem Knöllchen zuschlagen konnte. „Ihnen wird vorgeworfen, am 15.6.92 gegen 3.15 Uhr in Hamburgs Wohlersallee als Radfahrer folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben: Sie fuhren verbotswidrig auf dem Gehweg.“ Tage zuvor hatte Priebe Woelfert wegen des gleichen Delikts — dieses Mal in der Mistralstraße um 18.15 Uhr — angezeigt. Verwarnungsgelder: jeweils 10 Mark.
Auch unliebsame Journalisten sind ins Visier der „16E“ geraten. Nachdem taz-Reporter Kai von Appen am 14.6.92 während der Stresemannstraßen-Aktion Fotos von Polizeiübergriffen gemacht hat, bekam er prompt die Quittung präsentiert und den Knöllchen-Angriff zu spüren. Ihm wurde unterstellt, er habe verbotswidrig geparkt.
Um auf Nummer Sicher zu gehen, unterschrieben gleich vier „16E“-Zivilfahnder — Graboski, Priebe, Schulze, Meie — die 40-Mark-Knolle. Es bleibt nun abzuwarten, ob die vier Knöllchenfahnder ihre Angaben später vor Gericht im Zeugenstand unter Eid bestätigen — immerhin steht auf Meineid ein Jahr Knast. Peter Müller/Magda Schneider
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