: Kaserne frei für Bosnier
■ Hardthöhe macht eine Ausnahme / Sozialbehörde nicht informiert
/ Sozialbehörde nicht informiert
Was bei Asylbewerbern nicht klappt, funktioniert plötzlich bei den Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien: Das Bundesverteidigungsministerium öffnet die Pforten der Graf-Goltz- Kaserne in Rahlstedt für 350 der neuen Sympathieträger.
Die Wandsbeker Union überbrachte am Mittwochabend als erste die publikumswirksame Botschaft: „CDU-Appell erfolgreich, Bosnier können in Kasernen“, so die Pressemitteilung. Gestern durchsuchte Brigitte Eberle, Sprecherin der Hamburger Sozialbehörde, den ganzen Tag Postkasten und Faxgerät nach einer offiziellen Mitteilung — vergeblich. Volker Rühe, Bundesverteidigungsminister und Harburger Gymnasiallehrer, hatte seinen Parteigenossen in der Heimat die Nachricht offenbar exklusiv zugespielt.
Bei der Sozialbehörde löst diese Art der Hilfsbereitschaft der Uniformträger Bitterkeit aus. „Wir haben die Hardthöhe in der Vergangenheit immer wieder wegen der Unterbringung von Asylbewerbern in den freiwerdenden Kasernen angeschrieben und nur abschlägige Antworten erhalten“, so Brigitte Eberle. Die Bundeswehr, die bis 1994 die Boehn-Kaserne, die Graf- Goltz-Kaserne und die Lettow-Vorbeck Kaserne in Wandsbek räumt, wich nur in einer einzigen Ausnahme von ihrer harten Linie ab. Als die Brüder und Schwestern aus Ostdeutschland sowie Aussiedler nach Hamburg strömten, fanden sie Unterschlupf in der Lettow-Vorbeck-Kaserne. Und nun dürfen auch die Bosnier unter die Fittiche der tarnfarbenen Herren.
Die Anti-Asylbewerber-Tour der Soldaten stößt bei den Politikern des Bezirks Wandsbek auf Unterstützung. Als kürzlich die Stadtentwicklungsbehörde vorschlug, Asylbewerber und Strafgefangene dort unterzubringen, ging selbst die SPD-Bezirksfraktionschefin Gudrun Moritz in die Luft. Die Kasernen befänden sich in spannungsgeladenen Umfeldern, die solche Belastungen nicht verkraften würden, so ihr Gegenargument.
Wann die bosnischen Kriegsopfer aus dem Wohnwagen-Camp in Poppenbüttel in die winterfeste Graf-Goltz-Kaserne übersiedeln, ist noch unklar. Während die Wandsbeker CDU auf eine Umquartierung schon am Montag drängt, wartet die Sozialbehörde erstmal den offiziellen Bescheid ab, bevor sie handelt. Sigrun Nickel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen