: Faustrecht auf Rädern
■ Betr.: Kommentar von Dirk Wildt zum Radlerproblem, taz vom 10.8.92
Betr.: Kommentar von Dirk Wildt zum Radlerproblem, taz vom 10.8.92
Dirk Wildt, Du moderner, selbstbewußter Radler, fährst also, wie's Dir paßt und wo Du durchkommst wegen Deiner persönlichen Sicherheit und den vielen totgefahrenen Radlern.
Sag mal, hast Du ein Rad ab? Könnte es vielleicht sein, daß eines der totgefahrenen Kinder auf Dein Konto geht, weil es sich genauso selbstbewußt durchschummeln wollte, wie Du es vormachst, und sich dabei überschätzt hat? Und was würdest Du sagen, wenn Autofahrer, denen es auf der Straße zu voll oder stressig ist, einfach auf den Radweg oder den Bürgersteig ausweichen? Du nimmst dieses Recht ganz selbstverständlich für Dich in Anspruch und hältst das auch noch für beispielhaft. Ich fahre beruflich Taxe und privat Rad, kenne also den Verkehr von beiden Seiten. Ich kann Dir versichern, daß ich oft genug auf abbiegende Autofahrer fluche, aber ich habe gelernt, für die mitzudenken, weil das meiner Sicherheit dient. Für Radler mitzudenken ist, dank solcher Leute wie Dir, fast unmöglich. Ich weiß nicht, wie viele Kinder und Omas du mit Deiner Rabaukenfahrweise schon erschreckt hast, aber ich habe einen Tip für Dich: Kauf Dir einen Porsche, möglichst rot und offen. Der entspricht Deiner Mentalität, und hat eine Knautschzone. So wie Du fährst, wirst Du sie bald brauchen.
Sollte dieser Kommentar vielleicht ein Beitrag zur dringend nötigen Lösung der Berliner Verkehrsprobleme sein? Ist Euch eigentlich klar, daß Ihr damit nichts als das Faustrecht auf Rädern propagiert? Ihr ersetzt nur Stärke durch Schnelligkeit und jugendliche Reaktionsfähigkeit. Manchmal täte es auch taz-Kommentatoren gut, erst zu denken und dann zu schreiben. Stefan Buchenau, Berlin 19
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