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Baker greift Bush unter die Arme

■ Der US-Außenminister übernimmt Bushs Wahlkampf/ „Einer der schwierigsten Entschlüsse meines Lebens“

Washington (wps/AFP) — „Wenn er sich auf ein Ziel besinnt“, sagt James Baker von seinem Freund George Bush, „weiß ich, was er erreichen kann.“ Weil der US-Außenminister es so gut weiß, wird er ab jetzt dafür zuständig sein, es dem glücklosen Präsidenten zu sagen.

Wie schon einmal vor vier Jahren soll er für Bush die Leitung des bisherigen maroden Wahlkampfs übernehmen. Rechtzeitig zur Eröffnung des Parteitages der Republikaner am Montag hat Bush angekündigt, Baker werde sein Amt als Außenminister am 23.August niederlegen. Vize-Außenminister Lawrence Eagleburger — nach den Worten eines Beraters ein übergewichtiger „Kissinger ohne Warzen“ — wird Baker als Minister vertreten.

„Von Tokio bis Tirana ist Jim Baker für seine Errungenschaften bekannt“, sagte Bush, der in Umfragen weiterhin über zwanzig Prozentpunkte hinter seinem demokratischen Herausforderer Bill Clinton liegt.

Baker tritt als Wahlkampfleiter an die Stelle Samuel Skinners, der von Insidern im Weißen Haus als „der falsche Mann an der falschen Stelle“ bezeichnet wird. Ob es Baker jedoch gelingen wird, dem republikanischen Wahlkampf neues Leben einzuhauchen? „Sich mit einem regelrecht dysfunktionalen Weißen Haus herumzuschlagen, mit einem Kandidaten, der 25 Punkte zurückliegt, mit einem fehlerlosen Gegner und mit einem demoralisierten und in Panik schlitternden Partei-Establishment“, meinte ein Präsidentschaftsberater, „ist keine leichte Aufgabe.“

Baker selbst nannte seinen Schritt in seiner Abschiedsrede als Minister „einen der schwierigsten Entschlüsse meines Lebens“ und gab die Devise aus: „Amerika braucht neue Ansätze für die Veränderungen daheim, so wie wir eine neue Politik zur Bewältigung der Veränderungen im Ausland eingeführt haben.“

Die Demokraten reiben sich derweil die Hände. Dies sei „eine hoffnungslose Entscheidung einer von Panik erfüllten Kampagne“, sagte der Vorsitzende der Demokraten im Senat, George Mitchell. Bill Clinton sagte auf die Frage, was für einen Wahlkampf er von Baker erwarte: „Er wird schmutzig sein, aber auf eine intelligentere Art.“

Die Reaktionen im Ausland schwankten zwischen Enttäuschung und Ratlosigkeit. „Offen gesagt, erwarten wir von den Amerikanern immer, daß sie in den letzten Wochen eines Präsidentschaftswahlkampfes von der internationalen Bühne verschwinden“, sagte ein Außenministeriumsbeamter in Bonn. „Das Traurige ist diesmal, daß es zu so einem wichtigen Zeitpunkt passiert — nicht nur für Jugoslawien, sondern auch für den Nahost-Friedensprozeß.“ Josef Joffe von der Süddeutschen Zeitung sagte der Washington Post: „Im Vergleich zu Baker ist Eagleburger nur im körperlichen Sinne ein Schwergewicht“.

Im Nahen Osten — sowohl in Israel wie auch auf arabischer Seite — überwog die Hoffnung, Baker werde sich weiterhin um den Friedensprozeß kümmern. Die Tatsache, daß die nächste Gesprächsrunde in Washington stattfindet, anstatt wie ursprünglich geplant in Rom, gilt dafür als Indiz.

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