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Rollende Spendenquittungen

■ Hamburger kaufen original russischen Räder / Vom Erlös werden Schweißgerät und Röntgenanlage gekauft

/ Vom Erlös werden Schweißgerät und Röntgenanlage gekauft

Vor dem Zelt des Arbeiter-Samariter-Bundes auf dem Rathausmarkt hatte sich am Wochenende schnell eine lange Schlange gebildet. 1000 original russische Fahrräder standen zum Verkauf. Der noch amtierende russische Generalkonsul Wladlen Kusnetzuw freute sich: „Die Räder gehen weg wie warme Semmeln.“

Die robusten Drahtesel stammen aus einer Fabrik im russischen Joschkar-Ola. Mit dem Kauf eines Fahrrades zum Preis von 99 Mark können Arbeitsplätze in dieser Fabrik gesichert werden. Zusätzlich soll eine Spende von 100 Mark helfen, für das örtliche Krankenhaus eine dringend notwendige Röntgenanlage zu beschaffen.

Initiiert wurde die Hilfsaktion von der Werbeagentur Admar, der Hamburg-Mannheimer und Radio Hamburg. Horst Poscharsky, Kreativdirektor bei Admar, schildert, wie es zu der Idee kam: „Russische Ruderfreunde brachten uns darauf. Wenn ihr uns wirklich helfen wollt, sagten sie, dann kauft uns etwas ab.“ Zuerst sollten Trainingsanzüge in Hamburg an die Kunden gebracht werden. Doch noch ehe die Organisation abgeschlossen war, mußte die Textilfabrik Konkurs anmelden. „Schließlich ergab sich der Kontakt nach Joschkar-Ola, einer Stadt mit 250000 Einwohnern, 1000 Kilometer südöstlich von Moskau gelegen.“

Früher wurden in der Fabrik Mic-Kampfjäger für die Sowjetarmee gebaut. Jetzt produziert sie neben Fahrrädern auch Bügeleisen. Eigentlich könnten jeden Monat 600000 Stahlrösser hergestellt werden. Doch der Absatz ist schlecht, ein Großteil der Räder bleibt im Lager stehen.

„Altair“ heißt frei übersetzt „Die Morgenkraft“. Ein schöner Name für ein Rad, mit dem sein Besitzer vielleicht seine Frühstücksbrötchen holt. Es hat eine 24er Reifengröße, wiegt 14 Kilogramm und ist angeblich taigatauglich. Alles an dem Gefährt ist in Handarbeit hergestellt worden - bis auf die Pedale und die Bereifung. Sein Lenker erinnert an Stierhörner. Eine Gangschaltung hat es nicht, aber im Stadtverkehr ist es sehr wendig.

Nach einer Stunde waren bereits über 100 Räder verkauft. Gestern gingen die letzten Vehikel über den Ladentisch. Auch Bürgerschaftspräsidentin Elisabeth Kiausch, die die Aktion am Samstag eröffnete, stieg auf den russischen Drahtesel um. Ihr Kommentar: „Ich würde sagen: Rücktritt geht.“

Probleme gab es beim Zusammenbau von Kettenschutz und Pe-

dalen. Die freiwilligen Helfer waren zeitweilig vom Ansturm der Kunden überfordert. Für alle, die kein russisches Rad bekommen haben, zum Trost: Bei dem großen Erfolg war es bestimmt nicht die letzte Aktion dieser Art. Damit die Räder

noch besser werden, wird sich die russische Fabrik vom Gewinn eine Schweißanlage kaufen. Denn hinter vorgehaltener Hand war von Fachleuten zu hören: „Die Dinger taugen nichts, aber kauf' Dir ruhig eins - es ist für einen guten

Zweck.“ Dem Hamburger Beispiel werden viele europäische Großstädte Folgen. „Unsere Partner in London, Brüssel und Amsterdam organisieren ähnliche Aktionen“, berichtet Horst Poscharsky. Torsten Schubert

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