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Das notwendige mentale Immunsystem

■ taz-Serie über Freud und Leid der schienengebundenen Pendler (II): Bundesbahn-Durchsagen stimmen entweder nicht oder sind peinlich

Das notwendige mentale Immunsystem

taz-Serie über Freud und Leid der schienengebundenen Pendler (11):

Bundesbahn-Durchsagen stimmen entweder nicht oder sind peinlich

Wir schienengebundenen Pendler werden langsam dünnhäutig. Wir mögen die „Informationen“ der Deutschen Bundesbahn nicht mehr. Wir können die dämlichen Durchsagen nicht mehr hören, wir schauen überhaupt nicht mehr auf die Anzeigentafeln. Wir lassen uns unser mentales Immunsystem nicht mehr von diesem Quatsch beschädigen. Obwohl, das darf nicht verschwiegen werden: In fast jeder Bahnhofsdurchsage steckt auch ein Fünkchen Wahrheit. Nur erfordert es Ehrgeiz und aufwendige Recherchen, dieses Fitzelchen ans Licht zu befördern.

Ein Beispiel: Morgens um 7.42 Uhr (diese Zeitangabe entnehmen wir nicht der Realität, sondern einem Märchenbuch, das Fahrplan heißt) fährt ein InterCity namens „Kieler Förde“ durch Neumünster. Laut Bahnhofsdurchsage bewegt sich dieser Zug nach Nürnberg. Auf der Anzeigentafel wird dagegen der Zielbahnhof Mainz genannt. Derselbe Zug fährt in Altona laut täglicher Durchsage jedoch nach Koblenz und nicht weiter. Wohin

1rollt er nun wirklich? Glaubwürdige Fernreisende behaupten, nach Nürnberg, via Koblenz, Mainz, Frankfurt/Main. Weshalb sagen die Bundesbahn-Fuzzis das nicht? Was ist daran so peinlich?

Wirklich peinlich sind dagegen manche Äußerungen, die Zugbegleiter in jedes Abteil plärren lassen. So wird in manchem InterRegio behauptet, daß im mitgeführten Bistro-Wagen ein Team der „Deutschen Speisewagengesellschaft“ (DSG) lauert und, wörtlich, „Sie mit kalte Getränke und warme Speise gerne erwartet.“

Von den leichten Formulierungsschwächen einmal abgesehen, stimmen die Behauptungen auch faktisch meist nicht. Erstens werden die Reisenden nicht gern erwartet, sondern eher hochgenervt bedient, zweitens sind die Getränke nicht immer kalt (das ist eher eine Frage der Witterung), und drittens sind die Speisen häufig „gerade ausgegangen“. Oder die Durchsage lautet: „Aus technischen Gründen ist das Bistro-Café heute geschlossen.“ Und das stimmt dann sogar — manchmal. Jürgen Oetting

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