piwik no script img

Vereinigung an Bundestropf gehängt

■ Berlin und Brandenburg wollen ihren Zusammenschluß nur, wenn Bonn finanziert

Berlin. Wenn es nach dem Willen der beiden Regierungschefs geht, wird zwischen Berlin und Brandenburg nicht mehr über das Ob, sondern nur noch über das Wann eines Zusammengehens der beiden Länder zu entscheiden sein. Und die Antwort auf diese Frage liegt, nach einhelligem Votum von Diepgen und Stolpe, in Bonn. Wie die beiden gestern nach einem gemeinsamen Gespräch erklärten, könnten bislang diskutierte Hindernisse beseitigt werden, Voraussetzung seien allerdings finanzielle Übergangsregelungen für zehn Jahre. In diesem Zeitraum, so Ministerpräsident Stolpe, müßten die vereinten Länder finanziell genauso gestellt werden, als handele es sich weiter um zwei Länder. Um das zu erreichen, bedarf es nach Diepgens Einschätzung einer Nachfolgeregelung für die Berlin- Hilfe und den Fonds Deutscher Einheit sowie der Beibehaltung des sogenannten Stadtstaatenprivilegs. Fazit der Länderchefs: »Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, muß der Vollzug der Ländervereinigung auf lange Sicht verschoben werden.«

Wegen der ungeklärten Finanzlage war die Vereinigung zwischen den beiden Ländern in den letzten Monaten heftig umstritten. Berlin droht bis 1995 ein völliger Abbau der Bundeszuschüsse, die zur Zeit noch gut 13 Milliarden Mark betragen. Statt dessen würde die Stadt danach mit 3,8 Milliarden Mark aus dem Länderfinanzausgleich alimentiert werden. Dieses Stadtstaatenprivileg entfiele jedoch, sollte Berlin kein Bundesland, sondern nur noch kreisfreie Stadt in Brandenburg sein. Der brandenburgische Finanzminister Kühbacher errechnete gestern eine zweistellige Milliardensumme als Übergangsfinanzierung durch den Bund. Sonst sei eine Vereinigung geradezu unmöglich. Über diese Forderungen wollen die beiden Länderchefs nun mit dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Länder verhandeln.

Noch kein klarer Modus wurde für das zweite strittige Finanzproblem, die Verteilung der Steuern gefunden. Eine kreisfreie Stadt Berlin würde nur ein Viertel des Steueraufkommens des Landes Berlin behalten, der Rest ginge in die brandenburgische Landeskasse. Da Berlin aber die Hälfte seiner heutigen Ausgaben weiterhin selber tragen müßte, hatte Finanzsenator Pieroth eine Sonderregelung für die Stadt gefordert. In einer gemeinsamen Erklärung, die gestern verabschiedet wurde, wurde lediglich konzediert, daß in solch einen kommunalen Finanzausgleich alle größeren Städte Brandenburgs einbezogen werden. dr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen