piwik no script img

Schwulen-Paragraph soll fallen

Bonn (AFP) — Der seit Jahrzehnten umstrittene „Homosexuellen-Paragraph“ 175 soll nach dem Willen von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. An dessen Stelle solle eine einheitliche Jugendschutzvorschrift treten, sagte die FDP-Politikerin. Der Gleichheitsgrundsatz müsse jetzt überall dort verwirklicht werden, „wo noch Formen gesellschaftlicher Diskriminierung von Homosexuellen in unserer Gesellschaft zu finden sind“. Dem Schwulenverband in Deutschland (SVD) geht dies nicht weit genug. Er will die gleichen rechtlichen Möglichkeiten wie heterosexuelle Paare. Die Grünen forderten ein Antidiskriminierungsgesetz für Lesben und Schwule. Am Mittwoch soll bundesweit ein Aktionstag mit über 100 Hochzeiten von homosexuellen Paaren stattfinden.

Leutheusser-Schnarrenberger stellte praktische Verbesserungen für Homosexuelle in Aussicht. Es müsse darüber nachgedacht werden, wie Menschen, die auf Dauer zusammenleben wollten, das Leben nicht unnötig erschwert werde. Der Wunsch nach Anerkennung dauerhafter Lebensgemeinschaften müsse akzeptiert werden. Die Klagen der Homosexuellenverbände, die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft als Ehe anerkennen zu lassen, hätten allerdings keine Aussicht auf Erfolg. Nach der Verfassungslage sei die Ehe nur zwischen verschiedengeschlechtlichen Partnern möglich. Die FDP-Politikerin betonte, sie sehe „keinen Anlaß, daran etwas zu ändern“.

Die Grünen-Geschäftsführerin Heide Rühle bezeichnete das Eheverbot für homosexuelle Lebensgemeinschaften dagegen als „schwere Diskriminierung, die durch nichts zu rechtfertigen ist“. Schwule und lesbische Lebensgemeinschaften müßten die gleichen rechtlichen Möglichkeiten erhalten wie heterosexuelle Paare. Der Schwulenverband ließ das Argument, daß die Rechtstradition bislang allein heterosexuelle Ehen kennt, nicht gelten. Sie erinnerten die Ministerin an Äußerungen von FDP-Generalsekretär Uwe Lühr, das Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare sei ein „urliberales Anliegen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen