Hamburgs Schulen bald autofrei?

■ Elternratschlag und GEW rufen zur Aktionswoche Autofreie Schule vom 14.-19. September auf / Motto: Handeln statt Reden

vom 14.-19. September auf / Motto: Handeln statt Reden

Ein heißer Vorherbst steht Hamburgs Lehrerzimmern bevor. In den kommenden Wochen wird auf einer Vielzahl von Lehrerkonferenzen über die Beteiligung an der Aktionswoche „Autofreie Schule“ gestritten. Schon auf der Auftaktveranstaltung der von Elternratschlag und GEW initiierten Aktion am Montag abend im Curiohaus zeigte sich, daß viele Lehrer, die sich für eine autofreie Schule einsetzen wollen, gewaltigen Bammel vor ihren eigenen Kollegen haben: „Dann werd ich noch stärker als Öko- Freak beschimpft, der bei seinen Schülern Pluspunkte sammeln will“, so der Tenor der Beiträge des mit 60 Eltern und Lehrern noch etwas dünn besetzten ersten Meetings. Auch GEW-Vertreterin Ilona Wilhelm räumte ein: „Viele Kollegen empfinden das Motto unserer Woche als Provokation.“ Aber: „Das ist auch so gewollt.“

Während sich entsprechende Debatten in den Eltern- und Schülerräten mangels Betroffenheit erfahrungsgemäß relativ problemlos gestalten — die Schüler mit Autos und die Eltern, die ihre Kinder per Auto bringen, sind in der Minderheit —, prallen in den Lehrerzimmern private Autowelt und das neue öffentliche Bewußtsein hart aufeinander. Als die Schüler der Peter-Petersen-Gesamtschule vor einiger Zeit in einer Blitzaktion morgens ihren Schulparkplatz fantasievoll absperrten und motorisierte Lehrer mit einer liebevoll ausgearbeiteten individuellen Fahrwegberatung (Fahrweg, Verkehrsmittel, Fahrzeiten) empfingen, gab es heftige Reaktionen. Vom „Eingriff in die Intimsphäre“ und „Verstoß gegen Datenschutz“ war die Rede. Bewirkt hat die Aktion nicht allzuviel. Kaum einer stieg auf Rad, Füße oder HVV um — lediglich das verkehrspolitische Klima kippte weiter zu Lasten des Autos.

In den letzten Jahren schwappt eine immer höhere Anti-Auto- Welle über Hamburgs Schulen. Wo immer das Thema aufgegriffen wird, machen Kinder und eine wachsende Zahl von Eltern ihrem Unmut über die Autogesellschaft Luft. Gunter Bleyer vom Institut für Lehrerfortbildung ( 562061) hat mit seinem Konzept einer neuen Verkehrserziehung erheblichen Anteil daran. Ziel ist nicht mehr die Befolgung von autogesellschaftlichen Verkehrsregeln, sondern Selbstbewußtsein und Bewußtsein in der Verkehrsmittelwahl. Bleyer begleitete auch den bislang erfolgreichsten Versuch einer schulischen Verkehrswende. Im November 1990 verzichteten Lehrer (nach heftiger Debatte), Eltern (einstimmig) und Schüler der Großflottbeker Schule Windmühlenweg eine Woche aufs Auto.

Nach Vorbild der Schule Windmühlenweg könnte es am 14. September zu einem Flächenbrand Autofreier Schulen kommen. Der einfachste und konsequenteste Weg ist es, entsprechende Beschlüsse von Elternräten, Lehrerkonferenzen und Schülerräten herbeizuführen. Wichtig: In jedem Fall sollten die Schulen ihre Aktionswoche später auswerten. Als Langzeitwirkung erhofft: Radikale Verkehrsberuhigung im Schulumfeld (Schwellen, Tempo 20 — in Japan längst Praxis) und eine dauerhafte Änderung des Verkehrsverhaltens. Florian Marten

Kontakttreffen: Vom 24.8. bis 14.9. jeden Montag ab 19h in der GEW, Rothenbaumchaussee 15, HH 13. Kontakt: D.Schwettscher, 4102209 und D. Fricke, 495703, bei der GEW C. Nobis, 04105/51398 und I. Wilhelm, 8511314