Standbild: Wie konnten sie nur?
■ Billy, how did you do it?, H3, 22.35Uhr
Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gem... — pardon, Mr. äh, Kubrick? — Nein? Fassbinder? — Wie, schon tot? Tja, Bunuel? — Auch tot?, also Mr. Lynch? — Was? Noch nicht tot genug? Also, wie hießen Sie denn noch? Wie, Billy Wilder? Ach ja! Richtig, also: Mr. Wilder, wie haben Sie's gemacht?“ Noch bevor wir die erste Antwort der Filmlegende Billy Wilder zu Gehör bekommen, hören wir erst einmal lang und breit, wie Mr. Schlöndorff „es“ gemacht hat. Denn eines ist sicher. Wie Regisseur Volker Schlöndorff „es“ gemacht hat, interessiert uns nach dem überragenden Erfolg seines letzten Films brennend. Penetrant oft ist sein Plattkopf im Bild, um Erklärungen zu geben, die zwar interessant, weil sachlich korrekt sind, jedoch durchweg diesen Touch von narzißtischer Zurschaustellung haben.
Mr. Schlöndorff — der das „r“ schon sehr amerikanisch ausspricht —, ist fast öfter alleine zu sehen als Billy Wilder. Und weil er das am Schneidetisch sicherlich selbst gesehen hat, hat er wenigstens das Standbild von Wilder auf einem Videoschirm mit eingeblendet. Die demonstrativ devote Bescheidenheit, die andererseits an den Tag gelegt wird, erscheint indes um so obskurer: Schlöndorff interviewt Schlöndorff, und Wilder ist das Medium.
Überlegt man sich's genau, so ist eine Filmlegende wie Wilder — das wohl pfundigste Leichtgewicht der Filmgeschichte — ein Spekulationsobjekt. Er wird dieser Tage multimedial vermarktet: Viele Stories wie die Lubitsch-Toilettengeschichte kennen wir schon aus dem Stern-Vorabdruck des Karasek-Interviews (übrigens: die zweite Folge wurde hier mit einem Wilder-Zitat über die Monroe angekündigt: „Sie dampfte vor Sex“). Absehbar ist, daß der sechsteilige Schlöndorff-Interviewfilm bestimmt in ein paar Jahren wiederholt werden wird. Denn allzu jung ist Wilder ja nicht mehr...
Trotz einiger wirklich interessanter Geschichten, die Wilder zwangsläufig erzählt, bleibt ein negativer Grundeindruck zurück. Die Interviewer Karasek und vor allem Schlöndorff hätten gut daran getan, sich etwas diskreter in den Hintergrund zurückzuziehen und die Fakten mehr für sich sprechen zu lassen.
Angesichts des Films, den wir statt dessen zu sehen bekommen, ist es verständlich, daß Wilder sich seit 1988 geweigert hat, das sehr privat erscheinende Material freizugeben. Ohne dieses Interview — das Wilder mit schwarzen Zähnen, weil Kautabak kauend zeigt — hätten wir Wilders Filme jedenfalls nicht weniger gemocht. Manfred Riepe
Die weiteren Folgen des Sechsteilers zeigt der HR jeweils montags im Spätprogramm. Zeitversetzt läuft die Reihe auch im WDR. Nächste Folge „Billy, how did you do it“ (3) am 22.8. um 23.20Uhr.
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