: Rostock auf Hoyerswerdas Spuren
■ Schwere Ausschreitungen vor Flüchtlingsheim/ Anwohner beteiligt: 1.000 Menschen sahen zu und feuerten die Rowdies an/ Demonstration war angekündigt/ Überfälle an mehreren Orten
Rostock/Stendal (dpa/taz) — Bei schweren Ausschreitungen zwischen etwa 150 ausländerfeindlichen Demonstranten und der Polizei vor einem Asylbewerberheim in Rostock sind in der Nacht zum Sonntag 13 Polizisten verletzt worden. Die Polizei nahm acht Randalierer vorläufig fest. Auch zahlreiche Krawallmacher wurden verletzt.
Ein „harter Kern“ von etwa 150 Randalierern hatte seit Samstag abend bis in die frühen Morgenstunden versucht, unter Einsatz von Molotowcocktails, Steinen und Feuerwerkskörpern gewaltsam in die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber Mecklenburg-Vorpommerns im Rostocker Neubaugebiet Lichtenhagen einzudringen. Weit mehr als 1.000 Zuschauer „feuerten“ immer wieder die Angreifer an und riefen in Sprechchören ausländerfeinliche Parolen. Die Polizei, die mit über 150 Mann vor Ort war, konnte ein Eindringen in die Unterkunft bei ihrem etwa dreizehnstündigen Einsatz verhindern. Sie setzte Tränengas und drei Wasserwerfer ein.
Unter den meist jugendlichen Demonstranten waren Vermummte und sogenannte „Glatzen“, aber auch viele Erwachsene im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Von den Ausländern, die sich derzeit in der Aufnahmestelle aufhalten, sei niemand verletzt worden, hieß es bei der Polizei. Man ging davon aus, daß die Aktion überregional geplant worden sei. Auch hätten die Randalierer vermutlich durch Abhören des Polizeifunks das geplante Vorgehen der Beamten erfahren. Dies habe den Einsatz erheblich beeinträchtigt.
In den vergangenen vier Monaten hatten sich dortige Bewohner wegen angeblicher Lärm- und Schmutzbelästigungen bei den zuständigen Stellen beschwert. Weil das Flüchtlingsheim mit 300 Plätzen zeitweise überbelegt war, campierten Männer, Frauen und Kinder tagelang im Freien vor der Aufnahmestelle. Etwa 80 neue Asylbewerber, vor allem aus Polen und Rumänien, kommen dort täglich an. Anfang September soll ein neu gebautes Heim außerhalb Rostocks bezogen werden.
Ein Flüchtlingsheim im sächsischen Köckte (Kreis Stendal) ist in der Nacht zum Sonntag zum zweiten Mal innerhalb einer Woche überfallen worden. Wie die Polizeiinspektion Stendal mitteilte, fuhren etwa 30 zum Teil vermummte Jugendliche gegen 2.30 Uhr vor dem Heim vor und warfen Fensterscheiben ein. Außerdem zertrümmerten sie sämtliche Scheiben des Autos eines Asylbewerbers. Die anrückende Polizei stellte fünf Tatverdächtige. Bereits am Dienstag abend war das Heim in Köckte, wo derzeit nur wenige Asylbewerber rumänischer Nationalität untergebracht sind, von jungen Leuten überfallen worden.
Bei einer Massenschlägerei zwischen Besuchern einer Diskothek in Fehrbellin (Kreis Neuruppin) und Skinheads sind am Sonnabend vier Personen verletzt worden. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, sei ein Jugendlicher wegen einer vermutlichen Kiefernfraktur ins Krankenhaus eingeliefert worden. Beim Eintreffen der Polizei waren die etwa 15 randalierenden Jugendlichen aus der Skinheadszene bereits geflüchtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen