piwik no script img

Seite lobt Arbeit des Innenministers

■ Mecklenburgs Innenminister sieht rechtsstaatliche Ordnung gewährleistet/ Rücktrittsforderungen

Ein Hoch auf Innenminister Lothar Kupfer: „Er hat hervorragende Arbeit geleistet.“ Zu diesem Ergebnis kam gestern Kupfers Kabinettschef, Ministerpräsident Berndt Seite. Schließlich sei Kupfer „nicht zuständig für die Taten herumreisender auswärtiger Störer“. Das sieht Kupfer ganz genau so: „Ich wüßte nicht, was ich mir vorwerfen lassen könnte“, erklärte der Innenminister, nachdem in der Nacht zum Dienstag das Rostocker Asylbewerberheim in Brand gesetzt worden war. Trotz aller Probleme der Polizei, die Lage in den Griff zu bekommen, sei, so Kupfer, „die rechtsstaatliche Ordnung gewährleistet geblieben“. Weder Asylbewerber noch Anwohner seien verletzt worden.

Zu einer weniger zynischen Einschätzung kam die Opposition im Schweriner Landtag: „Rostock ist zum Symbol für hemmungslose Gewalt, fanatischen Ausländerhaß und für das Versagen der verantwortlichen Politiker geworden“, erklärte SPD-Fraktionschef Ringstorff und forderte die Einberufung einer Sondersitzung des Landtages zu den ausländerfeindlichen Krawallen. Ministerpräsident Berndt Seite (CDU) müsse in einer Regierungserklärung zu der erneuten Eskalation der Gewalt Stellung nehmen.

Kupfer räumte unterdessen ein, die Polizeikräfte in Rostock seien zeitweise überfordert gewesen, das Asylbewerberheim vor den Angriffen zu schützen. Die Polizei sei zwar nicht von der erneuten Randale, wohl aber von der „Brutalität und Gewaltbereitschaft“ überrascht worden, mit der die Jugendlichen gegen das Gebäude und die Polizei vorgegangen seien. Die Störer seien offenbar „stabsmäßig organisiert“ worden.

Trotz der offensichtlichen Kapitulation der Rostocker Polizei erklärte auch deren Direktor, Siegfried Kordus, er sehe keinen Anlaß zu persönlichen Konsequenzen. Er übernahm zwar die volle Verantwortung für den Einsatz, räumte aber gleichzeitig ein, er habe sich zum fraglichen Zeitpunkt kurzfristig zu Hause aufgehalten. Angesichts der „Guerilla-Taktik“ der Randalierer, in kleinen Gruppen vorzugehen, sei die Polizei ihrer nicht Herr geworden. Selbst Polizisten, die Erfahrungen mit Einsätzen in der Hamburger Hafenstraße hatten, hätten ein solches Ausmaß an Brutalität und Härte noch nicht erlebt.

Der Landesverband Bündnis 90/ Grüne in Mecklenburg-Vorpommern forderte gestern den Rücktritt von Innenminister Kupfer, dem Rostocker Innensenator Magdanz sowie von Polizeidirektor Kordus. Sie hätten trotz der Ereignisse vom Vortag die neuerliche Eskalation der Gewalt „offenbar bewußt in Kauf genommen“. Die Polizei sei als „politischer Feuerlöscher“ mißbraucht und die Beamten vor Ort durch eine chaotische Einsatzleitung im Stich gelassen worden. Die frühzeitigen Warnungen vor einem Angriff auf das Asylbewerberheim seien ignoriert worden.

Die Rostocker Staatsanwaltschaft will die in der Öffentlichkeit kritisierte fehlende Präsenz der Polizei bei den schweren Ausschreitungen überprüfen. Oberstaatsanwalt Wolfgang Neumann sagte der dpa am Dienstag: „Wir werden auch Fragen zum Einsatz der Polizei stellen, sofern Anhaltspunkte für ein strafrechtliches Verhalten vorliegen.“ Derzeit habe seine Behörde noch keinen genauen Überblick über den Ablauf der Ereignisse. Zu der Anzeige des Bundesverbandes Bürgerinitiative Umweltschutz gegen den Rostocker Polizeichef und den Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lothar Kupfer (CDU), wollte er vor dem Eingang der Strafanzeige nichts sagen.

Inzwischen fürchtet die brandenburgische Landesregierung ein Übergreifen ausländerfeindlicher Gewalttaten auf die anderen neuen Bundesländer. „Rostock wäre in jedem der neuen Bundesländer möglich“, erklärte der brandenburgische Innenminister Alwin Ziel. Es könne nur die Devise „Wehret den Anfängen“ geben. Der SPD-Politiker äußerte Bestürzung, daß in Rostock Menschen, die selbst jahrzehntelang unter der SED-Diktatur litten, rechtsradikalen Randalierern bei der Jagd auf Menschen applaudiert hätten. Hier habe sich „Frust“ Bahn gebrochen, der ernst genommen werden müsse. eis

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen