: Müllentsorger müssen zum TÜV
■ Konzerne planen Recycling-Großanlagen/ Niedersachsens Umweltministerin: Müllschwindel
Berlin (taz) — Der Technische Überwachungsverein (TÜV) wird künftig alle Unternehmen überprüfen, die mit der Verwertung von Verpakkungsabfall beauftragt sind. Dies haben Bundesumweltminister Klaus Töpfer, die Duales System Deutschland GmbH (DSD) und vier Unternehmen vereinbart. Außerdem wollen mehrere deutsche Konzerne ab 1995 jährlich bis zu 500.000 Tonnen Kunststoffmüll im eigenen Land zur Wiederverwertung aufarbeiten. Die Ankündigungen sind eine Reaktion auf den deutsch-französischen Müllskandal der vergangenen Wochen.
Mit dem TüV-Siegel sollen seriöse Entsorgungsunternehmen von den schwarzen Schafen der Branche unterschieden werden. Anhand einer Checkliste will die Prüforganisation die Verwertungsfirmen auf das umweltgerechte Recycling von Verpackungsmaterial mit dem Grünen Punkt abklopfen.
Neben dem stofflichen Recycling — das nur für 20 Prozent der Abfälle in Frage kommt — soll das chemische hinzukommen, sagte DSD-Geschäftsführer Wolfram Brück. Diese neue Methode soll mit Inbetriebnahme einer Pilotanlage in Bottrop ab September im Großmaßstab erprobt werden. Spätestens Mitte nächsten Jahres ist hier die Aufarbeitung von 40.000 Tonnen Plastikabfall zu Öl und Treibstoffen geplant. Die RWE-Entsorgung hat das Recycling von 200.000 Tonnen zugesagt. Außerdem wird der Bau einer weiteren Anlage in Ostdeutschland erwogen. Im Zusammenwirken mit Esso will das Badenwerk 100.000 Tonnen jährlich verarbeiten.
Da die angestrebte chemische Aufbereitung erheblich teurer ist, denkt Brück an eine Anhebung der hierfür von der Industrie zu zahlenden Gebühren. Zunächst wird ein Großteil der Produkte mit dem Grünen Punkt offensichtlich auf die Deponien wandern: Der Verpackungsmüll soll, so Brück, bis zur endgültigen Verwertung „umweltfreundlich zwischengelagert werden“.
Die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn schlug unterdessen vor, die bislang von den VerbraucherInnen zu tragenden Kosten für Verpackungen mit dem Grünen Punkt sollten auf ein Sperrkonto gezahlt werden, solange kein tatsächliches Recycling stattfindet. Das Duale System sei eine „umweltschädliche Mogelpackung“. Es kassiere gegenwärtig für den Grünen Punkt, ohne die versprochene Gegenleistung zu erbringen.
Nach Auffassung der Verbraucherzentrale in Berlin zeigt das Duale System bislang wenig Wirkung. Erfolgsmeldungen über getrennt gesammelten Müll bezögen sich überwiegend auf Papier und Glas, die schon seit Jahren getrennt erfaßt worden sind. Unter 140.000 Tonnen seperat gesammelter Abfälle seien lediglich 500 Tonnen Verpackungen mit dem Grünen Punkt. Udo Bünnagel
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