: Ohrfeige fürs IOC: TV will Dopingklausel
■ Schwedisches Fernsehen fordert: TV-Gelder nur, wenn Sportverbände „sichere“ Dopingtests garantieren
Stockholm (taz) — Dopingfreie Olympische Spiele. Gibt's das? Ein wichtiger Schritt dorthin könnte Mitte September gemacht werden. Dann treffen sich in Genf die SportchefInnen der Fernsehstationen aus aller Welt zu einer Konferenz, bei der auch ein Vorschlag des schwedischen Fernsehens auf dem Tisch liegen wird: Keine TV-Gelder mehr für Sportveranstaltungen ohne „Dopingfrei-Garantie“.
Wenn es beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht anders geht, so bestimmen wir über das Geld, war der Ansatzpunkt von Bo Gentzel, Stockholmer Sport-TV- Chef: „Kann das IOC nicht vor seiner eigenen Tür kehren, wird nicht bezahlt oder das Geld zurückgefordert.“ So soll es in den neuen Musterverträgen stehen, mit denen die Fernsehanstalten durch ihre Lizenzgelder große Sportveranstaltungen überhaupt erst ermöglichen.
Ein „Dopingparagraph“ also in allen Verträgen. Bo Gentzel will die frische Erinnerung an Barcelona nutzen, dieses Ziel zu erreichen: „Das IOC hat bewiesen, daß es nur halbherzig an das Dopingproblem heran will. Vor den Spielen hieß es seitens der Offiziellen: das haben wir im Griff. Und dann wurde Doping doch das große Thema bei und nach Barcelona.“ War sie/er gedopt oder nicht als erste Frage nach einem Rekord, das soll und darf, so Gentzel, kein Dauerzustand werden: „Es war dies wirklich die häufigste Frage von Zuschauern in Telefongesprächen mit unserer Redaktion während der Olympiade. Ich halte es für moralisch und ehtisch einfach unvertretbar, wenn wir Sportveranstaltungen übertragen, bei denen sich die Sportler mit Doping zu ihren Spitzenleistungen hochschwindeln.“
Das schwedische Fernsehen steht nicht allein. Nicht nur der starke Mann hinter der hochkarätigen Leichtathletik-Gala in Zürich, Andreas Brügger, zieht am gleichen Strang, wie Gentzel: „Wir haben auch deutliche Signale von den US- Fernsehgesellschaften erhalten, wo ähnliche Überlegungen laufen, wie die, die unserem Vertragsentwurf zugrundeliegen.“ Seitens NBC, dem Großsponsor von Barcelona, sei der Vorschlag, dopingfreie Spiele bei den nächsten Abmachungen zum Vertragsbestandteil zu machen, sehr positiv aufgegriffen worden. Bo Gentzel: „Das Bewußtsein wächst, daß ein Weitermachen wie bisher auf Kosten der Glaubwürdigkeit geht.“ Und auf Kosten der Werbeeinnahmen natürlich.
Auch wenn es keine absolute Sicherheit bei Dopingtests gibt, so schwebt Gentzel vor, die jeweils ausgereiftesten Methoden anzuwenden: „Und das ist zur Zeit jedenfalls kein Urintest mehr, sondern allein der Bluttest.“ Alle SportlerInnen wissen, so die Überlegung, daß mit dem Bluttest alles nachgewiesen werden kann, was in den Monaten vorher geschluckt wurde: Sie würden also gar nicht erst antreten bei Wettbewerben mit obligatorischen Bluttests.
Wenn das schwedische Fernsehen in Genf eine Mehrheit für seine Vorstellungen findet, würden die TV- Sender auf der Linie der großen Leichtathletikgalaveranstaltungen liegen, die von den TeilnehmerInnen ebenfalls den Bluttest fordern wollen. Gentzel: „Wenn es die internationalen Sportverbände nicht schaffen, warum dann nicht die vielbeschworene Macht der TV-Gelder?“ Reinhard Wolff
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