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Lufthansa-Personal wird fliegen

■ Der Vorstand der deutschen Staatsfluglinie legt heute dem Aufsichtsrat ein Sanierungskonzept vor Kernpunkte sind Personalabbau und Flugzeugverkäufe/ Zähe Tarifverhandlungen gehen weiter

Frankfurt/Main/Berlin (dpa/taz) — Der Vorstand der Deutschen Lufthansa AG (LH) hat am Freitag abend das Sanierungskonzept für die angeschlagene Fluglinie fertiggestellt. Über den Sparplan mit dem Namen „Programm '93“ soll heute der LH- Aufsichtsrat in Frankfurt entscheiden. Mit Hilfe dieses Programms soll das Geschäftsergebnis, das sich für dieses Jahr vermutlich auf einen Verlust von 1,5 Milliarden Mark summieren wird, verbessert werden.

Details über Einsparungssummen wollte das Unternehmen gestern nicht nennen. Ursprüngliche Zahlen über verlustausgleichende jährliche Ergebnisverbesserungen von etwa 1,5 Milliarden DM stimmten nicht mehr, sagte ein Lufthansasprecher.

Das Sanierungskonzept soll sich im wesentlichen auf den Abbau von Personal- und Sachkosten, sowie die Steigerung der Erlöse stützen. Als sicher gilt ein Personalabbau bis zum Ende dieses Jahres um 1.800 Beschäftigte. In welcher Größenordnung die Personalreduzierungen in den kommenden Jahren liegen werden, wollte der Sprecher nicht sagen. Der Spiegel berichtete, daß in den Jahren 1993 und 1994 jeweils weitere 3.000 Arbeitsplätze wegrationalisiert werden. Die Zahl der Beschäftigten war von 32.316 im Jahr 1984 auf jetzt 51.349 Beschäftigte gestiegen. Die Personalkosten der Lufthansa liegen etwa um ein Drittel über denen der vergleichbaren British Airways. Massenentlassungen stehen allerdings jene Regelungen entgegen, nach denen die Lufthanseaten nach zehn oder fünfzehn Jahren Betriebszugehörigkeit unkündbar sind.

Zur Einsparung von Sachkosten sollen außerdem 26 der 232 Flugzeuge ausgemustert werden. Die Durchschnittsauslastung der LH- Flotte, die der frühere Lufthansa- Chef Heinz Ruhnau heftig vergrößert hatte, liegt nämlich um sechs Prozent unter der Gewinnschwelle von 67 Prozent. Die Fluggesellschaft, an der der Bund mit 51 Prozent beteiligt ist, hatte schon im vergangenen Jahr ein Defizit von 444 Millionen DM eingeflogen; wenn sie nicht stille Reserven aufgelöst hätte, wäre es allerdings schon 1991 ein Milliarden-Verlust gewesen.

Ursachen für die schlechte finanzielle Lage sind neben der weltweiten Konjunkurschwäche und dem Dollar-Tief auch hohe Start- und Landegebühren in Deutschland. Große Verluste bescherten dem Unternehmen der Preiskrieg auf den Nordatlantikrouten und Beschränkungen auf dem USA-Markt aufgrund des deutsch-amerikanischen Luftverkehrsabkommens, über das allerdings seit Donnerstag zwischen den USA und der Bundesrepublik verhandelt wird.

Im europäischen und innerdeutschen Verkehr leidet die Lufthansa unter einer im Vergleich zur Konkurrenz geringen Auslastung ihrer Flugzeuge. Dazu kommen erhebliche Kosten, weil Mängel in der Flugsicherung zu Wartezeiten von etlichen tausend Stunden im Jahr führen.

Ein Sprecher der Fluglinie bestätigte, daß das endgültige Programm im Detail bei den gestern in den fünften Tag gegangenen Tarifverhandlungen des Unternehmens mit DAG und ÖTV im hessischen Seeheim noch nicht bekanntgegeben wurde. Während die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr von einer „äußerst schwierigen Phase“ sprach und auf Schmerzgrenzen verwies, zeigte sich ein Mitarbeiter der Deutschen Angestellten- Gewerkschaft vor Ort optimistisch: „Die Dinge sind im Gang. Ich erwarte oder hoffe, daß es zu einer Einigung kommt“, sagte er.

Die rund 8.000 LH-Stewardessen und Stewards forderten eine Kapitalerhöhung mit Beteiligung der öffentlichen Hand. Die geplante Privatisierung müsse zurückstehen, wenn es um Zehntausende von Arbeitsplätzen gehe. dri

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