: Kreist der Pleitegeier?
■ Zahnärzte-Protest: Seehofers Gesundheitsreform ruiniert uns
: Seehofer‘s Gesundheitsreform ruiniert uns
Den drohenden Zusammenbruch der zahnmedizinischen Versorgung sagte gestern der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburgs (KZV), Wolfgang Klenke, voraus. Grund für diese Prophezeiung: Gesundheitsminister Seehofers Gesundheitsreformpläne.
Um 20 Prozent will der Minister den deutschen Zahnärzten im nächsten Jahr ihre Honorare für Zahnersatz kürzen. Statt eines derzeitigen Nettohonorars für eine Einzelkrone von knapp 96 Mark, so rechnte Klenker vor, würden im kommenden Jahr nur noch 29 Mark, 1995 gar nur noch knapp zehn Mark in die Taschen der Dentisten fließen. „Das ist wirtschaftlich ruinös“, wetterte der KZV- Chef gestern. Aber auch die übrige zahnmedizinische Versorgung ist von Seehofers Plänen betroffen. Ein festgelegter Geldtopf soll den Ärzten jedes Jahr dafür zur Verfügung stehen - wer mehr leistet, so befürchtet die KZV und die Hamburger Zahnärztekammer, bekommt den Überhang künftig nicht mehr erstattet und muß ihn aus eigener Tasche zahlen.
Bis zu 40 Prozent Einkommenseinbußen würden die Zahnärzte durch Seehofers Pläne hinnehmen müssen. „Das durchschnittliche Nettomonatseinkommen eines Hamburger Zahnarztes liegt derzeit bei etwa 7000 Mark“, erkärte Klenke, „in drei Jahren wird es auf 4000 Mark gesunken sein.“
„Das Ende ist in Sicht“, bestätigt auf Anfrage auch ein Hamburger Zahnarzt, der nach eigenen Bekundungen nichts mit den Kammerfunktionären gemein hat. Die Unkosten eines Praxisbetriebs lägen derart hoch, daß die Sparpläne vorallem für viele Praxen von jungen Ärzten das Aus bedeuten würden. „In unserem Beruf gibt es einige
Porschefahrer, die das Image der Zahnärzte versaut haben. Aber viele müssen sich krumm legen, um den Betrieb am laufen zu halten“, so seine Einschätzung. Vernünftig wäre es, nicht bei dem Zahnersatz zu sparen, sondern die Prävention vernünftig zu bezahlen.
Er habe ein „gewisses Veständnis“ dafür, daß einige Kollegen drohten, ihre Zulassung zurückzugeben, erklärte Wolfgang Klenke gestern. Aber, „einen Streik der Zahnärtze wird es unter meinem Vorsitz nicht geben.“ Sannah Koch
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