: EG-Gutachten: Dumpingpreis für Sony
■ Gutachterausschuß des Bausenators ermittelte einen mehr als doppelt so hohen Grundstückspreis am Potsdamer Platz als die ursprünglich von Sony 1991 gezahlte Summe/ Nachzahlung wahrscheinlich
Berlin. Der japanische Elektronik- Konzern Sony wird für sein Grundstück am Potsdamer Platz kräftig nachzahlen müssen: Der Gutachterausschuß der Senatsbauverwaltung, der auf Veranlassung der Europäischen Gemeinschaft den Wert des Sony-Grundstücks ermitteln mußte, stellte nun fest, daß der tatsächliche Grundstückswert weit mehr als doppelt so hoch ist wie ursprünglich von Sony bezahlt, wie aus der Bauverwaltung bestätigt wurde. Statt rund 100 Millionen Mark für 31.000 Quadratmeter soll das Grundstück dem Vernehmen nach rund 260 Millionen Mark wert sein. Das Gutachten wurde der Senatsfinanzverwaltung zugeleitet und soll »möglichst bald« an die Wirtschaftsverwaltung und die EG in Brüssel geschickt werden, wie der Vorsitzende des Grundstücksausschusses, Rainer Möckel, auf Anfrage sagte. Die EG hatte das Gutachten angefordert, weil sie in dem von Sony bezahlten Preis eine unerlaubte staatliche Subvention vermutet hatte. Möckel wollte das Gutachten nicht kommentieren.
Sony hatte das Grundstück im Juni 1991 vom schwarz-roten Senat erworben, und zwar für 3.240 Mark den Quadratmeter. Das ist gut doppelt soviel, wie Daimler-Benz ein Jahr zuvor für das Nachbargrundstück bezahlt hatte, jedoch weit unter dem Marktpreis, wie verschiedene Abgeordnete, aber auch der Landesrechnungshof damals kritisierten.
Auch bei Daimler-Benz ermittelte der Gutachterausschuß 1991 einen doppelt so hohen Grundstückswert wie tatsächlich bezahlt. Der Autokonzern wurde inzwischen von der EG zu einer Nachzahlung von 34 Millionen Mark verdonnert. Der Rechnungshof hatte den Senat deswegen inzwischen offiziell gerügt.
Daß auch Sony wird nachzahlen müssen, war zu erwarten. Denn zum einen hatte der Konzern nach dem Verkauf des Geländes noch zusätzliche 15.000 Quadratmeter Bürofläche herausgeschunden. Weitere 8.000 Quadratmeter Bürofläche sind in den preisgekrönten Architektur- Entwurf des Büros Jahn hineingeschmuggelt worden — beides zusammen bringt Sony runde 200 Millionen Mark. Zudem werden für Grundstücke in dieser Gegend heute sehr viel höhere Preise bezahlt.
Auch dies wird dem Senat noch Probleme bereiten. Denn Sony wird 5.000 Quadratmeter seines Grundstücks für die Begradigung und Verbreiterung der Potsdamer Straße abgeben müssen. Dafür verlangt der Konzern ein vergleichbares Ersatzgrundstück in der Nähe. Nun besitzt der Bund südlich des Potsdamer Platzes ein kleineres Gelände, das vom Bund nicht gebraucht wird und nahe genug und für Sony geeignet wäre. Das Gelände sei jedoch mindestens 13.000, wenn nicht 18.000 Mark pro Quadratmeter wert, so der Sprecher der für Bundesgrundstücke zuständigen Oberfinanzdirektion, Helmut John. Zu so einem »Billigpreis«, wie Sony ihn bekommen habe, werde man Bundesgelände nicht verramschen. Man sei allerdings mit einem gleich wertvollen Ersatz einverstanden. Ein 5.000 Quadratmeter großes Ersatzgrundstück kostet dann rund 80 Millionen Mark. Eva Schweitzer
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