: Kein Fortschritt bei Nahostgesprächen
■ Positionen zur palästinensischen Selbstverwaltung unvereinbar/ Zwei Arbeitsgruppen gebildet
Washington/Berlin (AFP/taz) — Bei den israelisch-palästinensischen Autonomie-Gesprächen in Washington wurde bislang keinerlei Fortschritt erzielt. Am Montag lehnten die Palästinenser den israelischen Plan für eine zukünftige Selbstverwaltung der rund 1,7 Millionen Palästinenser in den besetzten Gebieten erwartungsgemäß ab. Die israelischen Unterhändler hatten die palästinensischen Autonomie-Vorschläge bereits letzte Woche zurückgewiesen.
Die Konzeptionen der beiden Pläne weisen zu grundlegende Unterschiede auf, um als Ausgangspositionen für die Aushandlung eines Kompromisses im Rahmen der vor zehn Tagen wieder aufgenommenen bilateralen arabisch-israelischen Nahostgespräche tauglich zu sein. Israel will dem „palästinensischen Verwaltungsrat“, der aus Wahlen in der Westbank und im Gaza-Streifen hervorgehen soll, keinerlei legislative Kompetenzen zubilligen. Die Palästinenser halten dagegen, daß das durch über zweitausend Militärerlasse ausgehöhlte jordanische Recht in den besetzten Gebieten als Grundlage der Arbeit eines solchen Rates untauglich sei. In Anspielung auf die israelische Vorstellung, der „Verwaltungsrat“ solle das Besatzungsrecht exekutieren, erklärte der palästinensische Delegationsleiter Haider Abdel Schafi: „Man wählt Funktionäre, die das Volk vertreten sollen, und die werden dann zu Funktionären der Besatzungsmacht“.
Dissens besteht selbstverständlich weiterhin in der Frage, ob das von Israel annektierte palästinensische Ostjerusalem unter die Regelungen der Autonomie fallen soll oder nicht. Bei den Gesprächen hätten die Palästinenser insgesamt zu „mehrdeutige“ Antworten auf ihre Fragen erhalten, berichtete Schafi. Es sei auch unklar geblieben, ob der Siedlungsstop in den besetzten Gebieten vorübergehend oder endgültig sei, die palästinensischen Rechte am Boden der besetzten Gebiete seien bislang unberücksichtigt geblieben.
Immerhin wurde angesichts der erneut drohenden Stockung in den Verhandlungen beschlossen, sich bereits jetzt in einer eigens gegründeten Arbeitsgruppe mit dem rechtlichen Status der besetzten Gebiete grundlegend zu befassen. In einer zweiten neugebildeten Arbeitsgruppe werden sich palästinensische und israelische Delegierte mit der Verletzung der Menschenrechte in den besetzten Gebieten beschäftigen. Ein palästinensischer Delegierter wertete die israelische Zustimmung zur Bildung der Arbeitsgruppen als „positiv“. Ein israelischer Sprecher betonte, Israel stehe der Prüfung rechtlicher Fragen und der Einhaltung der Menschenrechte nicht ablehnend gegenüber.
Die am Montag begonnene Freilassung von palästinensischen Gefangenen aus Lagern der israelischen Armee wurde vom palästinensischen Delegationsleiter in Washington als eine Geste begrüßt, „die Vertrauen schafft“. Doch hätten die meisten ihre Haftstrafen ohnehin bereits fast ganz verbüßt, schränkte er ein. Vorgestern kamen 182 Gefangene frei, gestern sollten weitere 138 Palästinenser freigelassen werden. Insgesamt hält Israel zur Zeit rund 12.500 Palästinenser gefangen.
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