: CDU redet erstmals über Steuererhöhungen
Zwangsanleihe für Besserverdienende stößt auf Ablehnung ■ Von Donata Riedel
Berlin (taz) — Die CDU-Politiker Wolfgang Schäuble und Hans-Otto Wilhelm haben gestern als erste in ihrer Partei öffentlich das Wort Steuererhöhung in den Mund genommen. Neue allgemeine Steuererhöhungen über die geplante Zwangsanleihe für Besserverdienende hinaus seien nicht auszuschließen, formulierten sie. Die Zwangsanleihe selbst stieß gestern bei Politikern aller Parteien auf Ablehnung, während Schäuble seinen Vorschlag zur Finanzierung des Aufbaus in Ostdeutschland bekräftigte. Dagegen wurde der Vorstoß von Bundesfinanzminister Waigel, eine freiwillige, steuerbefreite Deutschlandanleihe aufzulegen, von Unionspolitikern begrüßt. SPD und FDP lehnen auch diesen Plan ab.
Der Vorsitzende der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Schäuble, sagte, er sehe nur dann keine Notwendigkeit für weitere Steuererhöhungen, wenn es den Ländern und den Kommunen gelinge, ihren Ausgabenzuwachs auf drei Prozent jährlich zu beschränken. Schäuble blieb bei seinem Vorschlag zur Einführung einer Zwangsanleihe zur Finanzierung der Einheit. Einzelheiten der Zwangsanleihe habe die Union bisher bewußt nicht definiert, um mit der SPD verhandeln zu können.
Die CDU-Bundestagsabgeordneten Friedhelm Ost und Wolfgang Schulhoff sowie der CDU-Fraktionschef im Mainzer Landtag, Wilhelm, lehnen die Pläne für eine Zwangsanleihe hingegen kategorisch ab. Schulhoff forderte ein sofortiges Ende der Debatte um die Zwangsanleihe.
Bisher hatten die Bonner Parteien über Zwangsanleihe, Deutschland- Anleihe, Ergänzungsabgaben und Investitionsabgaben debattiert, um Steuererhöhungen zur Finanzierung der Einheit zu vermeiden. Bei der Zwangsanleihe sollen nach den Vorstellungen Schäubles Unternehmer, Freiberufler, höhere Beamte und gutverdienende Angestellte dem Staat unfreiwillig Geld leihen. Diese Anleihe soll nicht verzinst und nach einem bestimmten Zeitraum zurückgezahlt werden. Unter dem Namen „Investitionshilfeabgabe“ hat die Bundesregierung dieses Instrument bereits 1982 einzusetzen versucht, um den sozialen Wohnungsbau zu finanzieren.
Diese Investitionshilfeabgabe wurde aber 1984 vom Bundesverfassungsgericht verboten. Es gehe nicht an, daß eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung herangezogen werde, allgemeine Aufgaben des Staates zu finanzieren, begründeten die Verfassungsrichter ihren Spruch. Um die Zwangsanleihe durchzusetzen, müßte parlamentarisch eine Ausnahmeregel zum Grundgesetz geschaffen werden, für die eine Zweidrittelmehrheit notwendig wäre. Der Finanzpolitische Sprecher der SPD- Fraktion, Wolfgang Roth, definiert die „Besserverdienenden“ ab 60.000 Mark Brutto-Jahresgehalt.
Die Deutschland-Anleihe hat als Vorbild die Sozialpfandbriefe aus den 50er Jahren: Die Besserverdienenden können diese Pfandbriefe freiwillig erwerben. Sie werden niedrig verzinst, haben eine lange Laufzeit und der Zinsertrag wird nicht versteuert.
Die Ergänzungsabgabe für Besserverdienende ist eine Lieblingsidee der SPD. Danach sollen Freiberufler, Unternehmer und Beamte als Ergänzung zum Solidaritätszuschlag der Lohnsteuerpflichtigen eine Sondersteuer für den Aufbau Ost zahlen.
Bei der Investitionsabgabe sollen Unternehmen, die nicht in Ostdeutschland investieren, eine Abgabe zahlen.
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