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Unfair

■ betr.: "Pogrom zwischendurch", taz vom 28.8.92

betr.: „Pogrom zwischendurch“, taz vom 28.8.92

Die Polemik von Reinhard Mohr zu meinem „heute“-Kommentar vom 25. August über die Vorgänge in Rostock liest sich witzig, für meine Begriffe etwas zu witzig.

In meinem Kommentar wird nichts verharmlost, und es war nicht mein Ziel zu vertuschen, daß der Rechtsstaat in der Brandnacht von Lichtenhagen eine Niederlage erlitten hat. Nach den Motiven der Täter und vor allem der Beifallklatscher zu fragen heißt noch lange nicht, sich mit ihnen zu identifizieren.

Im übrigen habe ich, anders als Mohr unterstellt, die Verantwortung der Politik nicht verschwiegen — so heißt es in meinem Kommentar: „Doch weil der Staat uns alle schützen soll, Ausländer wie Deutsche, darf er nie zurückweichen vor der Gewalt, aus welcher Ecke sie auch kommt.“

Und was die Polizei betrifft, für die taz „die ängstliche Schupo-Riege einer Bananenrepublik“ — vielleicht ist ihrem kritischen Blick entgangen, wie viele Polizisten in Rostock von Gewalttätern verletzt wurden. Sie tragen ihre Knochen eben nicht nur für Fehler der Polizeiführung oder „der Politik“ zu Markte, sondern für Fehler, die unsere Gesellschaft insgesamt, also wir alle, zu verantworten haben.

Ich bin überzeugt, daß es in der gegenwärtigen Situation nicht ausreicht, Ausschreitungen wie die von Rostock nur zu verurteilen. Im Kern geht es doch um die Frage, wie wir — Politik, Medien, überhaupt alle, die Verantwortung tragen — verhindern können, daß rechtsradikale Kriminelle Zuspruch und Zulauf aus Bevölkerungsschichten erhalten, die normalerweise weder gewaltbereit noch politisch radikalisiert sind, aber aus vielfältigen Gründen enttäuscht und auch desorientiert.

Ich glaube, daß ich auf den Schock von Rostock nicht die einzig mögliche, aber eine legitime und begründete Antwort gegeben habe. Grundsätzlich halte ich den Versuch, emotional aufgeladene Situationen nicht noch rhetorisch zu verschärfen, sondern zu versachlichen und zu differenzieren, für den richtigen Weg.

Dies als „Programm für den kleinen Pogrom zwischendurch“ zu titulieren mag ein gelungenes Wortspiel sein. Fair finde ich es nicht. Peter Voß,

Stellvertretender Chefredakteur

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