: Antifas am Grübeln: Wie weiter nach Rostock?
■ Erstes gemeinsames Treffen nach Hoyerswerda / Aktionsbündnis will agieren statt reagieren / Keiner weiß genau wie / Telefonkette geplant
nach Hoyerswerda / Aktionsbündnis will agieren statt reagieren / Keiner weiß genau wie / Telefonkette geplant
„Rostock — wie weiter?“ Nachdem sich am letzten Wochenende 2000 Hamburger an der Demonstration vor der ausgebrannten Rostocker Asylunterkunft beteiligt hatten, trafen sich Vertreter von rund 20 Initiativen am Donnerstagabend im Volkshaus am Neuen Kamp, um über ihr weiteres Vorgehen zu diskutieren.
Einigkeit bekundeten die Teilnehmer in ihrer Einschätzung der ausländerfeindlichen Stimmung. „Die Politiker wollen die Eskalation“, betonte eine Teilnehmerin, „Auf Wahlplakaten der großen Parteien wurden Asylbewerber mit steigender Kriminalitätsrate in Verbindung gebracht.“
Auf konkrete Aktionen konnten sich die versammelten Gruppen — darunter die ESG, das Antirassistische Telefon und der Hamburger Flüchtlingsrat — vorerst jedoch nicht einigen. Nach zweistündiger kontroverser Diskussion fanden sie lediglich den kleinsten gemeinsamen Konsens: Es wurden regelmäßige Treffen in 14tägigem Abstand vereinbart. Die Erfahrung nach Hoyerswerda hatte gezeigt, daß die Aktionsbereitschaft sonst sehr schnell wieder einschläft.
Dabei lagen die verschiedenen Meinungen gar nicht so weit auseinander. „Es muß etwas gemacht werden“, das war allen klar. Doch soll man gleich losschlagen, etwa die SPD-Zentrale besetzen, um gegen die geplante Änderung des Asylrechts zu protestieren? Das erschien vielen unzweckmäßig und verfrüht. Sie wollen lieber die Gruppen miteinander vernetzen, für den Notfall eine Telefonkette aufbauen. Denn so etwas wie in Rostock dürfe sich in Hamburg auf keinen Fall wiederholen.
Die Antifagruppe Altona beklagte, daß man den Symptomen des Ausländerhasses nur hinterherlaufe, reagiere statt agiere. „Ausländerfreunde gelten doch mittlerweile schon als Vaterlandsverräter.“ Deshalb müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden, denn „viele, die jetzt gegen Ausländer sind, haben die Fremden nie wirklich kennengelernt“. Auf den Punkt brachte es eine Frau vom Antirassismusbüro: „Wir müssen die normalen Bürger für uns gewinnen.“ Ihr Vorschlag: Ein großes Volksfest aller Nationalitäten.
Um die eigenen Standpunkte durchzusetzen, gab es teilweise erbitterte Wortwechsel, in denen nicht immer gegenseitige Sympathie mitschwang. „Der Streit unter uns muß endlich beendet werden“, rief schließlich eine Frau und erhielt dafür großen Beifall. Es spreche auch tatsächlich nichts dagegen, alle Ideen aufzugreifen.
Das wird sicherlich Thema des nächsten Treffens am 17. September, wieder im Volkshaus, sein. Um bis dahin die Aktivitäten zu koordinieren, wurde zum Schluß der Veranstaltung eine Adressenliste herumgereicht. Torsten Schubert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen