Heimlicher Besuch in künftiger Asylstelle

■ Nach Diepgen besichtigte auch der Chef der Ausländerbehörde die zukünftige Asylstelle und wischte alle polizeilichen Bedenken beiseite

Hohenschönhausen. Heimlich, still und leise haben der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) am letzten Samstag die zukünftige Asylstelle an der Ferdinand-Schultze-Straße besichtigt. Das Bezirksamt Hohenschönhausen, das wie berichtet gegen die Asylstelle auf dem unübersichtlichen Ex-Stasi-Gelände massive Sicherheitsbedenken hat, erfuhr erst davon, als die hohen Herren schon wieder das Weite gesucht hatten. Gestern morgen fand sich dann auch noch der Leiter der Ausländerbehörde, Ulrich von Chamier, im Beisein mehrerer Polizeiführer der Hohenschönhausener Direktion 7 auf dem Gelände ein.

»Wir fühlen uns wie vor den Kopf gehauen, dabei sind wir sofort bereit, an einer vernünftigen Lösung mitzuwirken«, sagte die designierte Bezirksbürgermeisterin Brunhild Dathe (Bündnis 90). Die Innenverwaltung hatte das Bezirksamt bislang mit keinem Wort über das Vorhaben unterrichtet. Dabei droht Hohenschönhausen immer mehr zum Brennpunkt für rassistische Übergriffe zu werden. In der Nacht zu Sonntag hatten sich dort über fünfhundert Personen zum Angriff auf Ausländerheime gesammelt, wurden aber von der Polizei daran gehindert.

Senatssprecher Edmund Heußen teilte auf Nachfrage mit, es habe sich um keinen offiziellen Besuch des Regierenden gehandelt. »Er ist nur mal vorbeigefahren, um sich über einen Gegenstand, der in der Stadt diskutiert wird, ins Bild zu setzen.« Das Ergebnis: »Der Plan der Innenverwaltung kann konkretisiert werden.«

Vom gestrigen Besuch des Chefs der Ausländerbehörde war das Bezirksamt zwar wieder nicht unterrichtet worden, diesmal aber in persona des stellvertretenden Bürgermeisters Rainer Hartmann (Bündnis90) zufällig zugegen. Der Grund: Hartmann erwartete zusammen mit der taz die Ausländerbeauftragte Barbara John zur Besichtigung der neuen Asylstelle. Der in einen langen weinroten Mantel gekleidete Chef der Ausländerbehörde nahm kein Blatt vor den Mund, als er den Polizeiführern die Arbeit der neuen Asylstelle erläuterte. Man müsse davon ausgehen, so von Chamier, daß sich die Asylsuchenden schon ab fünf Uhr morgens draußen vor den Stahltoren einfänden. Auf die Frage der Beamten, ob man den Menschen im Winter nicht einen Wärmeraum zur Verfügung stellen könne — »die leerstehende Gaststätte auf dem Gelände böte sich an« —, winkte der Behördenchef entschieden ab: »So etwas wirkt nur wie ein Magnet und wird zum Konfliktpunkt.« Die Asylsuchenden sollten sich gefälligst an die Behördensprechzeiten gewöhnen. Ob man das Stahltor dann wenigstens vorher öffnen könne, um große Ansammlungen auf der Straße zu verhindern? Diese Frage ließ von Chamier ebenso unbeantwortet wie den Einwand, daß wenigstens Toilettencontainer aufgestellt werden müßten, um die Nachbarschaft nicht aufzubringen. In einem Nebensatz eröffnete von Chamier, daß nicht nur die Asylmeldestelle vom Friedrich- Krause-Ufer herziehen werde, sondern auch die Asylverteilungsstelle vom Waterloo-Ufer. Dies bedeute einen täglichen Publikumsverkehr von über 350 Menschen. Für noch größere Überraschung sorgte sein Hinweis, daß dazu auch noch das Soziale Betreuungsreferat für Asylbewerber komme. Im Gegensatz zu den beiden anderen Abteilungen werde es nicht nur bis zum April 1993, sondern für immer hier angesiedelt. Da für einen privaten Wachschutz kein Geld da sei, werde die Polizei für die Sicherheit sorgen müssen.

Als die Ausländerbeauftragte John eintraf, rauschte der Chef der Ausländerbehörde gerade von dannen. Nach einem kurzen Rundgang schilderte sie ihren Eindruck mit einem Satz, den Blick krampfhaft zu Boden gesenkt: »Ooch, warum denn nicht, wenn man die Begleitumstände entsprechend regelt?« Plutonia Plarre