: SPD-Sonderparteitag zu Asyl rückt näher
■ Rheinland-pfälzische SPD für Parteitag/ Ost-SPD für Grundgesetzänderung zum Asyl/ SPD-Juristen dagegen
Mainz/Berlin (AP/dpa/taz) — Entgegen dem Votum ihres Landesvorsitzenden Scharping hat sich die rheinland-pfälzische SPD für einen Sonderparteitag der Sozialdemokraten zur Asylrechtsänderung und zum Blauhelmeinsatz der Bundeswehr ausgesprochen. Scharping rechnet mit einer baldigen Entscheidung der SPD-Spitze und geht davon aus, daß der außerordentliche Bundesparteitag „Anfang oder Mitte November stattfinden wird“. Die rheinland- pfälzische SPD will eine Asylrechtsänderung eng mit einem Einwanderungsgesetz und der Regelung des Status von Bürgerkriegsflüchtlingen und Aussiedlern verknüpft sehen.
Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) hat eine Änderung des Artikels 16 abgelehnt. „Der gegenwärtig diskutierte SPD-Entwurf für ein Sofortprogramm bringt zum falschen Zeitpunkt falsche Rezepte“, heißt es in einem Beschluß des ASJ- Bundesausschusses. Eine Änderung des Artikels 16 könne allenfalls im Rahmen einer europäischen Vereinbarung sinnvoll sein.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine hat dagegen die Bereitschaft seiner Partei zu einer Änderung des Asylrechts unterstrichen. Auch von den ostdeutschen Landesverbänden erhielt SPD-Chef Engholm Rückendeckung bei seinen umstrittenen Positionen zu Asyl und Bundeswehreinsätzen. „Wir stehen uneingeschränkt hinter den Engholm-Positionen“, sagte der SPD- Fraktionschef im Landtag von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner, am Sonntag nach einem Treffen der ostdeutschen SPD-Spitzen in Erfurt. Aus Sicht der Ost-Länder sei ein Sonderparteitag nicht erforderlich.
Die ausländerfeindlichen Ausschreitungen dürfen nach Ansicht von amnesty international nicht als Vorwand für eine Änderung des Asylrechts benutzt werden. Artikel 16 des Grundgesetzes, das politisch Verfolgten Schutz in Deutschland garantiere, sollte nicht parteitaktischen Überlegungen geopfert werden, erklärte der Vorstand der deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation am Sonntag in Rostock. Es sei „Augenwischerei“, wenn nach den Rostocker Krawallen behauptet werde, mit der Streichung von Artikel 16 ließen sich die Probleme lösen. amnesty habe schon vor zwei Jahren öffentlich dagegen protestiert, den neuen Bundesländern einen zu hohen Anteil an Asylbewerbern zuzuweisen und damit „dramatische“ Überbelegungen der Unterkünfte in Kauf zu nehmen.
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