: Sieg der Meinungsfreiheit
■ "Scientology verdient an Immobiliendeals" darf weiter behauptet werden
verdient an Immobiliendeals« darf weiter behauptet werden
„Grundstücks-, Häuser- und Wohnungsdeals gehören zu den Haupteinkünften der Sekte“ - diese Äußerung der CDU-Abgeordneten Antje Blumenthal wollte die „Scientology-Kirche Deutschland e.V.“ (SC) gerichtlich unterbinden lassen und beantragte eine einstweilige Verfügung. Das nun vorliegende schriftliche Urteil des Landgerichts kommt einer Sensation gleich. Darin werden Kritikern nahezu unverhohlen Tips gegeben, in welcher Form Scientology ungestraft attackiert werden darf.
Noch vor kurzem zeigte sich Scientologyanwalt Wilhelm Blümel selbstsicher. Seinem Anwaltskontrahenten schrieb er: „Es wäre Ihrer Frau Mandantin besser zu Gesicht gestanden, nach der Wahrheit zu fragen, als auf dem vermeintlichen Recht eines Abgeordneten zu insistieren, strafbare Handlungen zu begehen.“ Das Hamburger Landgericht wertet die „strafbare Handlung“ allerdings anders. Es handele sich nicht um eine unrichtige Tatsachenbehauptung, heißt es im Urteil. Die Tasache, daß mehrere Scientology-Mitglieder Grundstücksgeschäfte betreiben, aus deren Einnahmen sie der Sekte Gelder zufließen lassen, sei allgemein bekannt und werde von den Scientologen auch nicht bestritten.
Das LG-Urteil ist über den Einzelfall hinaus richtungsweisend für die Auseinandersetzung mit Scientology, auch für die kritische Berichterstattung der Presse. „Das übliche Einschüchterungs-Verfahren der Sekte hat hier versagt“, freut sich Antje Blumenthal. „Jetzt werde ich weiterhin gegen die Scientologen kämpfen können.“
Daß die Sekte gerne mit Unterlassungs-Klagen von hohem Streitwert droht - in diesem Fall war er mit 30000 Mark angegeben - ist nichts Neues. Nach diesem Urteil dürften für Scientology schlechte Zeiten anbrechen. „Wenn eine aus Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung zusammengesetzte Stellungnahme zu einer öffentlich geführten und die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage zu beurteilen ist, gilt der Grundsatz 'Im Zweifel für die Meinungsfreiheit'“, entschied das Landgericht. Antje Blumenthal versteht das als Aufforderung zum Kampf: „Niemand sollte dem Druck von Scientology nachgeben. Bei Gegendruck begeben sie sich sehr schnell auf den Rückzug.
Innerhalb einer Monatsfrist können die Scientologen beim Oberlandesgericht Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Blumenthal- Anwalt Dieter Fischer hat keine Angst, im Gegenteil. „Ich freue mich schon darauf“, lautet sein Kommentar. cw
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